Meine Zeit auf der grünen Insel
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vakantio.de/hanna-ireland

Meine Freiwilligenarbeit im Demenzheim 🦋

Foilsithe: 06.02.2019

Hallochen!

Nachdem ich jetzt seit 3 Wochen im Heim helfe, kann ich schon ein wenig von meinen ersten Erfahrungen und Eindrücken erzählen.

"Beworben" habe ich mich ja schon im Dezember letzten Jahres, konnte aber leider erst zu Beginn 2019 anfangen wirklich zu "arbeiten" (man kann es eigentlich nicht Arbeit nennen...), da meine Bewerbung vom Nationalen Sicherheitsbüro kontrolliert werden musste.

Erst mal etwas zum Heim: Es ist ein Zuhause für ca. 60 Menschen, welche an jeglicher Form von Demenz erkrankt sind, vom Anfangsstadium bis hin zum Endstadium. Aufgebaut ist das Heim eigentlich wie ein kleines Dorf mit 6 Lodges (Unterkünften), welche alle nach Orten der Umgebung hier benannt sind. Ich finde es toll, mit wie viel Liebe und Zeitaufwand jeder einzelne Raum und Gang gestaltet wurde und immer wieder verbessert wird - mit dem Ziel, dass die Menschen sich wirklich wie zu Hause fühlen. Sitzmöglichkeiten gibt es in Wohnzimmern, welche auch mit künstlichem Kamin, Brettspielen, Blumen usw. total schön eingerichtet sind und in der Küche. Jede Wand ist unterschiedlich bemalt und möbelliert, ob es einen Wald, einen kleinen Einkaufsladen oder eine Bibliothek darstellen soll - überall sind verschiedene Reize, Gegenstände und Tastmöglichkeiten. Außerdem gibt es einen Kinoraum mit roten Vorhängen, gemütlichen Sesseln und viiielen Dvds, sodass regelmäßige Filmabende für die Residents und auch ihre Familien veranstaltet werden können. Auch wenn man aus dem Fenster schaut, sieht man überall mit Blumen bemalte Wände, Tische und Bänke in gepflegten Gärten. Was mich auch sehr beeindruckt hat, ist die "Kirche", welche ebenfalls einen großen Raum beansprucht und mit Bildern, einem Altar und einer Art Gebetstisch (??) ausgestattet ist. Es findet nämlich fast täglich auch eine Messe statt, welche von zwei Männern in Priesterkleidung (ich weiß nicht, ob sie tatsächlich Priester sind) gehalten wird, mit anschließender Segnung jeder einzelnen Person und Gesang.

Es finden auch regelmäßig Veranstaltungen statt, wie vor zwei Wochen bespielsweise eine Afternoon - Tea Party, bei der getöpferte Tassen und Behälter, welche im Rahmen eines Kunstprojektes von den Bewohnern angefertigt wurden, ausgestellt wurden. Bald findet auch ein Valentinstagsball statt bei dem ich leider nicht dabei sein kann, da er am Nachmittag stattfindet. Zudem werden die Residents auch öfter mal in den Pub für ein Pint ausgeführt.

Ich beschreibe das alles so genau, weil es mich total beeindruckt hat, dass das Heim in keiner Hinsicht an eine institutionelle oder sanitäre Einrichtung erinnert (auch, wenn es früher ein mal so aussah).

Die Menschen, welche dort arbeiten, sind alle total nett, aufgeschlossen und vor allem herzlich. Ich werde von jedem einzelnen Mitarbeiter freundlich begrüßt, und bekomme sehr viel Dankbarkeit und Wertschätzung zurück. Ich habe mich vor meinem ersten "Arbeitstag" sehr gut vorbereitet gefühlt, da es zum einen eine Einweisung gab, in der das Heim, die Mitarbeiter, Hygienevorschriften und die Arbeitsweise vorgstellt wurde. Und zusätzlich habe ich noch eine ganze Mappe mit Tipps zur Kommunikation, und Informationen zum Thema Demenz, den verschiedenen Stadien und der Art und Weise, wie man sich am besten auf die Menschen einlässt und ihnen eine Freude bereitet, sowie wichtigen Richtlinien, wie man sich auch in bestimmten Situationen klar abgrenzen muss, bekommen.

Da sie sich die Menschen möglicherweise sehr schnell nicht mehr an verschiedene Erlebnisse usw. erinnern, geht es darum, total im Moment zu leben, ihnen ein Lächeln zu bescheren und den Augenblick so schön wie möglich zu machen (wie ein Schmetterling 🦋). Deren Ansatz “….people will forget what you said, people will forget what you did, but people will never forget how you made them feel.” (Die Menschen werden vergessen was du gesagt oder getan hast, aber niemals das Gefühl, das du ihnen gegeben hast)  finde ich sehr schön und inspirierend :-). Beispielsweise habe ich eine Frau letzte Woche Montag nach der Tea Party, die am Wochenende stattgefunden hat, gefragt und sie meinte nur: "Es gab eine Tea Party?"

Letzten Samstag wurde ein Workshop / Seminar veranstaltet, bei dem ich unter anderem viele andere Freiwillige und einige Mitarbeiter kennenlernen konnte. Die Menschen, welche sich dort engagieren kommen aus verschiedenen Lebenslagen und auch bis ins hohe Rentenalter vertreten.

Nun aber zu meiner "Arbeit": Ich bin an drei Vormittagen pro Woche dort. Montag und Dienstag helfe ich bei Aktivitäten - ich komme also früh an und setze mich erst mal zu den Residents, welche in einer Lodge wohnen und noch eher im Anfangsstadium sind, in die Küche während sie frühstücken (ganz typisch Toast mit Marmelade, oder Bacon, Rührei und Black Pudding - dazu Tee oder Kaffee), wobei mir auch immer angeboten wird, etwas zu essen oder zu trinken (auch von den alten Menschen - welche oft mit mir teilen möchten). Meistens unterhalten wir uns ein bisschen über ganz einfache Themen, wie z.B. das Wetter und ich bekomme auch immer wieder gesagt, dass ich ein "lovely girl" bin, was schon ziemlich süß ist :-). Richtige Konversationen kann man nicht mit den Menschen führen, dafür ist die Demenz leider schon zu fortgeschritten, aber wie gesagt: einfache Themen und vor allem Komplimente sind immer ein guter Eisbrecher. Später kommt dann eine Gruppe von Kindern im Alter von ca. 4 bis 5 Jahren und dann malen sie, basteln oder kegeln und die alten Menschen sehen zu oder malen selbst ein wenig. Eines der Lieblingsspiele für alle im Raum ist definitv das Hin-und-her-Spiel mit Luftballons! Außerdem singen alle gerne irische (Schlager?)-Lieder zusammen :).

Nachdem die Kinder dann wieder gegangen sind, geht es für diejenigen die möchten zum Gottesdienst in die "Kirche". Diese Woche Montag wollten zwei Frauen zum Beispiel nicht mitgehen und so habe ich mir mit ihnen eine Zeitschrift angesehen und Kleider bewertet. Danach ist es dann Zeit für das Mittagessen, wozu ich auch jedes Mal neu eingeladen werde.

Am Dienstag ist der Ablauf eigentlich ähnlich, nur dass die Aktivität an dem Tag "Fit for Life" ist, was mir eigentlich noch besser gefällt. Die Residents sitzen alle in Sesseln in einem großen Kreis und bekommen kleine Stäbe oder Bälle mit denen sie dann Übungen nachmachen, die ihnen vorgezeigt werden - was wirklich ziemlich lustig ist und auch allen Spaß macht (vor allem durch die Art und Weise mit der die Aktivitätenmanagerin mit ihnen kommuniziert und auf sie eingeht!!). Daran merke ich immer wieder, dass es gar nicht so sehr darum geht, was man mit den Menschen unternimmt, sondern viel mehr die Art und Weise wie sie sich dabei fühlen und wie glücklich sie in dem Moment sind.

Am Freitag beschäftige ich mich immer mit einer Frau, die ursprünglich aus Deutschland kommt und nun krankheitsbedingt fast ausschließlich in ihrer Muttersprache spricht.. Mit den anderen Bewohnen und auch dem Personal, sodass die anderen meistens erraten müssen, was sie meint, jedoch auf eine spielerische Weise mit ihr umgehen und auch schon ein wenig Deutsch gelernt haben ;-). Jedenfalls tut es ihr glaube ich sehr gut, mit mir Deutsch zu sprechen und von ihrer Familie und früheren Hobbys zu erzählen. Ich sehe auch immer schon, wenn ich den Raum betrete, dass sie sich freut, mich zu sehen.

Auf jeden Fall ist es aber auch nicht immer einfach, vor allem, wenn Menschen zusammen sind, welche sich in ihrem Stadium schon ein wenig unterschieden. Letztens saß ich beispielsweise mit einigen an einem Tisch und habe mich einem Mann im Minutentakt neu vorgestellt und mir seine Reime die er immer wieder gern wiederholt angehört. Eine andere Frau kann nicht mehr so richtig sprechen und erzählt viele unzusammenhängende Dinge, welche für mich auch durch ihre Sprechweise sehr schlecht zu verstehen sind.. oder sie läuft in der Küche umher ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. In solchen Situationen erzählt mir eine der Frauen dann immer, dass hier auch viele dumme und behinderte Menschen leben, die nicht mal mehr richtig essen oder sprechen können - sie sind gestört. Oder manchmal reagiert sie dann auch mit Ungeduld und Unverständnis gegenüber der anderen Person oder schreit sie sogar an ("Shut up" oder "You are shit" - anders würden sie es nicht verstehen). In solchen Situationen finde ich es dann schon schwieriger, die richtigen Worte zu finden... Ich denke, dass es einfach so ist, um sich selbst ein wenig abzuheben und zu zeigen, dass sie selbst "normal" ist und dieses Verhalten der anderen eben nicht.

Diese Woche habe ich mich das erste Mal im Bereich "Day Care" versucht. Hier kommen also Menschen bis zu 3 Mal pro Woche hin, die noch mit ihrer Familie zusammen wohnen. Sie bekommen Frühstück, ein 3-Gänge-Mittagessen und Kaffee und Tee mit Keksen am Nachmittag. Zwischendurch sitzen sie alle zusammen gemütlich in einem Raum, unterhalten sich (es entstehen so weit ich das mitbekommen habe auch richtige Freundschaften :-) - auf jeden Fall fragen sie sich auch immer gegenseitig nach dem Befinden). Es steht außerdem immer ein Programm auf dem Plan: Als ich da war, haben alle gemeinsam ein Kreuzworträtsel gelöst, Quizfragen beantwortet oder gemalt. Am Nachmittag sollte dann Yoga stattfinden und später noch ein Chor kommen.

Die Menschen freuen sich auch immer zu hören, dass ich aus Deutschland komme: Eine Frau hat früher beispielsweise im Chor deutsche Lieder gesungen und mir mehrmals von einer deutschen Schlagersängerin (deren Name ich vergessen habe) vorgeschwärmt oder sogar Lieder vorgesungen.

Abschließend kann ich noch sagen, dass ich sehr froh bin diese Einrichtung gefunden zu haben und die Möglichkeit habe, dort etwas beizutragen und die viele Freizeit sinnvoll zu nutzen. Vor allem da ich sehe, wie sehr meine Hilfe von allen gewertschätzt wird und man den Menschen sichtlich den Moment verschönert und auch persönlich viel dabei lernt :-). Für mich ist es auch eine gute Möglichkeit, tagsüber etwas mehr unter Menschen zu sein und Englisch zu sprechen.

Ganz liebe Grüße, Hanna ❤️

Freagra