Foilsithe: 18.01.2020
Arequipa, 29.12.: 2 Busfahrten, 2 Flüge und in Summe 24 Stunden trennten uns von Punta Arenas, der südlichsten Stadt Chiles. Ein Grenzübergang mit entsprechender Wartezeit und 2 Flugzeuge mit 15 cm breiten Plastiksitzen (leichte Übertreibung sei uns erlaubt), welche man keinen Zentimeter umlegen konnte, bescherten uns nicht gerade eine komfortable Anreise nach Patagonien. Völlig gerädert erreichten wir frühmorgens unser Hostel und erhofften uns einen herzlichen Empfang mit zumindest der Möglichkeit der Nutzung der Gemeinschaftsräumlichkeiten. Der „charmanten“ Hostelbesitzerin war der Umstand unseres Schlafdefizits jedoch ziemlich „Blunzn“ und obwohl unsere Betten im Dormroom schon frei waren, durften wir unser Zimmer nicht beziehen. Als wir uns ein Frühstück zubereiten wollten, wies sie uns zum dritten Mal darauf hin, dass die Check-In Zeit mit 13:00 Uhr angesetzt, und die Nutzung der Küche somit nicht möglich sei. Sehr sympathisch die gute Dame. Sie schaffte es auf jeden Fall, dass wir nicht viel Zeit im Hostel verbrachten und uns dort 3 Tage lang total unwillkommen fühlten. Als sie uns bei der Bezahlung dann auch noch über den Tisch ziehen wollte, war das Tüpfelchen auf dem „i“ gesetzt. Wenn ihr von uns wissen wollt, wo man in Punta Arenas NICHT schlafen sollte, dann haben wir definitiv eine Adresse für euch.
Patagonien ist schlichtweg DER Traum für Naturliebhaber. Aufgrund unserer gedanklichen Reiseroute wurde der Monat Jänner als Reisezeit für Patagonien auserkoren, welche die Highseason darstellt. Für alle Patagonien-Interessierten somit der Tipp: Wer den Massentourismus etwas umgehen möchte und es bevorzugt nicht im Gänsemarsch den Berg hinaufzulaufen, sollte besser den Reisemonat März wählen. Es ist zu dieser Zeit zwar etwas kälter, aber unserer Meinung nach kann man die Schönheit der Natur bei weniger Menschen einfach intensiver wahrnehmen. Außerdem ist es möglich die Reise etwas flexibler/spontaner zu gestalten, da Busse und Unterkünfte nicht vollkommen ausgebucht sind.
In jedem einzelnen Blogeintrag berichten wir von unseren Highlights der Südamerikareise und glauben, es könne nichts Schöneres, Imponierenderes, Faszinierenderes mehr kommen... und dann kam PATAGONIEN!
Wir besuchten vier Orte, an denen wir mit Ausflügen, Touren und Wanderungen die faszinierende Gegend der Südspitze des Kontinents erkundeten.
Im Folgenden ein kurzer Überblick über unsere Unternehmungen in dieser traumhaften Region:
Punta Arenas
Nach einem wohlverdienten Mittagsschlaf klapperten wir verschiedenste Tour-Anbieter ab, um uns einen Überblick über die Möglichkeiten in der Region zu verschaffen. Für den letzten Tag im Jahr buchten wir schlussendlich einen Ausflug nach Feuerland. Wir waren überrascht wie flach der Süden Patagoniens ist - Berge suchten wir vergebens. Die Gegend zeichnet sich durch leicht hügeliges Weideland (ein Paradies für Schafe und Guanakos = Lama-Verwandtschaft) mit vielen Blumen und Sträuchern in unzähligen Grüntönen aus. Die Inselgruppe Feuerland ist durch die Megellanstraße vom Festland getrennt und bekannt für ihre harschen Wetterbedingungen. Dort konnten wir an einer Bucht die etwa einen Meter großen Kaiserpinguine mit ihren orangefarbenen Schnäbeln und Flecken an Kopf und Brust bestaunen. Obwohl die Führung leider einen gewissen „Zoo-Charakter“ versprühte, war es dennoch ein spezielles und vor allem lustiges Erlebnis, diese Tiere im Kollektiv herumwatscheln zu sehen. Es war außerdem interessant zu erfahren, dass die Eltern ihr befruchtetes Ei nicht (wie viele andere Pinguinarten) vergraben, sondern es zwischen den Füßen herumtragen – im Sinne der Gleichberechtigung jedes Elternteils zirka eine Woche, dann wird getauscht. Wollen sich die Tiere ausruhen legen sie sich einfach ganz gemütlich auf ihren Bauch – soweit so gut. Kurios ist es jedoch, dass sie nie im Liegen schlafen, denn für ein Mützchen stehen sie auf, stellen sich auf ihre Fersen und verstecken den Kopf zwischen den Achseln. Muss man nicht nachvollziehen können 😉
Der Ausflug endete um 21 Uhr, eine Uhrzeit, zu der wir den Tag normalerweise gemütlich ausklingen lassen und dem Bett nichts mehr im Wege steht. Die Besonderheit des Altjahrstags bezwang jedoch unsere Müdigkeit und so starteten wir den Versuch bei einem Sparziergang an Sekt zu gelangen, um zu Mitternacht die Korken knallen zu lassen. Abgesehen von dem für uns ungewöhnlichen Zustand, dass es in Punta Arenas bis 23 Uhr hell blieb, war es noch befremdlicher, dass unsere Suche nach einem guten Flascherl erfolglos blieb. Alle Geschäfte, Restaurants, Bars… dunkel! So verbrachten wir unseren ersten Jahreswechsel seit Ewigkeiten ohne Promille im Blut. So schlimm wie dies klingen mag war es jedoch gar nicht. Im Gegenteil: wir fanden einen sehr schönen Platz am Strand und läuteten das Jahr 2020 mit einem obligatorischen Neujahrswalzer ein, welcher als Walzer begann und als Tango endete (Anm. der weibl. Redaktion: Das reden wir uns zumindest ein, denn ein Profi würde bei unserem Herumgehüpfe auch mit viel Fantasie kein Tangoelement erkennen). Ein ganz besonderer und wunderschöner Jahreswechsel, der uns gewiss ewig in Erinnerung bleibt.
Im Neujahrstag nutzten wir unseren nicht verkaterten Zustand und erfreuten uns an einem wunderbaren Sonnenlauf entlang der Küste. Die Laufstrecke war so schön, dass man am liebsten gar nicht mehr umgedreht wäre. Mit einer Mischung aus an der Strandpromenade schlendern, den weltbesten Hotdog essen (mit Avocado, Mais, Tomaten, Kartoffelchips und Co.) und Jolly spielen, ließen wir den ersten Tag des Jahres und zugleich den letzten Tag in Punta Arenas gemütlich zu Ende gehen.
Puerto Natales
Ein Ort – vor allem bekannt für seinen Nationalpark „Torres del Paine“, welchen auch wir uns nicht entgehen lassen wollten. Am ersten Tag erkundeten wir mittels geführter Bustour den Nationalpark und fuhren verschiedene Lagunen und Gletscher an. Dies bat uns die Möglichkeit einen großflächigen Überblick über den gesamten Park zu bekommen.
Für den darauffolgenden Tag stand der Klassiker am Programm: eine Wanderung zur Lagune am Fuße der drei „Torres“ mit einem – vorausgesetzt der Wettergott spielt mit – fantastischen Blick auf die berühmt berüchtigten Felszacken des Torres del Paine. Das wir diese Wanderung nicht alleine in Angriff nehmen werden war uns bewusst, dennoch überraschte uns die anwesende Menschenmasse, welche sich über die gesamte Strecke jedoch gut verteilte. Obwohl wir den ersten Bus um 07:00 Uhr zum Park nahmen, konnten wir unsere Wanderung erst in der Rushhour beginnen. Grund dafür war, dass wir uns keinen Shuttle vom Eingang des Parkes bis zum Ausgangspunkt der Wanderung nehmen wollten (hätte schließlich 3,50 Euro pro Person gekostet) und stattdessen die 7 km mit der Fußmaschine zurücklegten. Auf diese grandiose Idee kamen eher wenige Personen, weshalb wir zumindest diese Strecke vollkommen für uns alleine hatten. Bei Ankunft an der Lagune blieb uns die volle Sicht auf die Felstürmen leider verwehrt. Glücklicherweise sahen wir die ganze Pracht bereits aus der Ferne, als wir früh morgens unsere Zusatzkilometer abspulten. Demnach haben wir unsere Sparmeister-Entscheidung nicht bereut und wir überlegten – mit bereits 28 km in den Beinen – die Strecke auch retour zurückzulegen. Als uns dann zufällig ein großes „Happy Hour“-Schild beim Restaurant am Parkplatz in die Augen sprang, galt es für uns eine Entscheidung zu treffen: Shuttle oder Bier? All jene die uns kennen, wissen wohl wie unsere Entscheidung ausgefallen ist 😊 Nach einer 8 Stunden-Wanderung und einem eher leeren Magen stieg uns das Calafate-Krügerl (Calafate = Beerenfrucht aus Patagonien) so richtig in den Kopf.
Dezent beschwipst blieben wir - trotz Sehnsucht nach einem Bett oder zumindest einem Bussitz – unserer Entscheidung treu. Wir schnürten erneut unsere Schuhe und bewältigten auch diese 7 Kilometer erfolgreich, da die gute Laune die schmerzenden Beine ein wenig vergessen ließ. Endlich beim Parkeingang angekommen aßen wir noch unsere letzten Essensvorräte, bevor wir erschöpft in den Bus stiegen. Trotz der holprigen Strecke schliefen wir bereits nach wenigen Minuten wie zwei Babys ein und wachten gegen 21 Uhr in Puerto Natales wieder auf.
El Calafate
Der Name des Nationalparks „Los Glaciares“ kommt nicht von Ungefähr. Wir unternahmen einen Ausflug mit einem Boot auf dem Lago Argentino zu verschiedenen Gletschern, welche allesamt auf beeindruckende Weise in den milchig-türkisen See münden. Getoppt wurde dieser Anblick durch die herumschwimmenden Eisberge, welche einst von den Gletscherwänden abgebrochen in allen Größen und Formationen im Gewässer umhertrieben.
Der zweite Ausflug führte uns zum bekanntesten, touristischsten und auch spektakulärsten Eisfeld in dieser Region – dem Perito Moreno Gletscher. Wir kamen aus dem Staunen gar nicht heraus und für Fotograf Jürgen war es fast wie eine Sucht alle paar Meter stehen zu bleiben und ein weiteres Bild von der senkrechten 70 Meter hohen Eiswand zu schießen. Spektakulär fanden wir zudem die Eisbrocken, welche sich aufgrund der relativ hohen Temperatur immer wieder von der Eiswand lösten, mit einem lauten Donner-Geräusch in die Tiefe stürzten und eine meterhohe Fontäne hochsteigen ließen.
El Chaltén
… oder auch „die Hauptstadt des Wanderns“ genannt. Nicht zu Unrecht, denn von hier aus konnte man zahlreiche Trekkingtouren auf eigene Faust unternehmen. Wir entschieden uns deshalb in Summe 6 Nächte zu bleiben und täglich zwischen anspruchsvoller und regenerierender Wanderung zu wechseln. Eine war schöner als die andere!
Besonderes in unserem Gedächtnis hängen geblieben ist die Wanderung zur Laguna „De los Tres“ mit Blick auf den Berg „Fitz Roy“. Während der gesamten Wanderung konnten wir immer wieder unglaubliche Blicke auf die mächtigen Felsformationen werfen. Am Ende des 4-stündigen Aufstieges wird man mit einem unvergesslichen Blick belohnt. Dieses Mal hatten wir mit dem Wetter großes Glück und wir konnten Lagune und Gipfel bei blauem Himmel bestaunen.
Als zweite große Tageswanderung unternahmen wir eine Tour zur Laguna Torre, wo wir auf einem Felsen eine herrliche Jause mit toller Aussicht auf Gletscher und Eisberge in der Sonne genossen.
Unser dritter Trek führte uns auf den Berg „Loma del Pliegue Tumbado“ – ein Name der nicht auf Anhieb im Gedächtnis hängen bleibt. Der Aufstieg gestaltete sich aufgrund unserer müden Beine härter als gedacht, doch auch dieses Mal wurden wir entsprechend für unsere Mühen belohnt. Ein 360-Panorama, welches seines gleichen sucht.
Nach etwas mehr als zwei Wochen in Patagonien freuen wir uns auf einen Temperaturwechsel und setzen unsere Reise in Richtung Buenos Aires fort. Am Plan stehen zwei bis drei Wochen im Norden Argentiniens bevor wir unser letztes südamerikanischen Land bereisen – Brasilien!
Also…Kälte adé und ab ins Warme mit uns 😊
Hasta pronto!
Martina und Jürgen
PS: wie immer gilt mehr Fotos gibt's unter der Rubrik "Bilder"