Publisearre: 08.10.2020
Hinter uns liegt nicht nur ein spannender Urlaub, sondern auch sehr angespannte Wochen. Deswegen kommt die Fortsetzung von unserem Urlaubsblog erst jetzt. Wir mussten uns in den letzten Wochen erstmal ein bisschen sortieren, daher kommt der 2. Teil unseres Sommerurlaubs erst jetzt.
Eigentlich wollten wir auf den Huashan hoch, allerdings wurde uns am Eingang gesagt, dass aufgrund von Corona nur Chinesen mit der neusten Ausweisgeneration auf den Berg dürfen. Also sind wir zurück zum Hotel und haben beschlossen, in diesem Urlaub am besten nicht zu viel zu planen, da es immer anders kommt, als man denkt (vor allem wegen Corona).
Im Hotel angekommen, dann der Schock: meine Kamera ist weg! Simon hat sie im Taxi auf dem Weg zum Berg liegen lassen. Bei mir ist dann der berühmte Geduldsfaden gerissen. 2. Urlaubstag, nichts funktioniert und meine Kamera, die ich mir extra für China gekauft habe, ist weg. In der Zwischenzeit hat Simon mit den Damen an der Rezeption gesprochen, die dann zum Glück den Taxifahrer ausfindig machen konnten. Da Simon über WeChat bezahlt hatte, konnte die Rezeption den Taxifahrer kontaktieren. Der kam auch 20 min später mit meiner Kamera und wir hatten dadurch direkt ein Taxi zum Bahnhof, nächster Halt: Xi‘an.
Also alles nochmal gut gegangen.
Kurz darauf erreicht uns eine Pop-Up Nachricht auf dem Handy: ein Teil der Stadtmauer in Xi’an ist eingestürzt.
Wir waren dann einen Tag früher als geplant in Xi’an. Dort haben wir uns auf der Stadtmauer ein Tandem ausgeliehen und sind auf der Stadtmauer rund gefahren (ca. 10km). Der eingestürzte Teil gehörte zum Glück nicht zur Hauptmauer, wir haben diese Stelle dann zufällig beim Vorbeifahren gefunden:
Abends sind wir dann ins muslimische Viertel essen gegangen:
Dank Simons Reiseführer haben wir noch ein etwas abgelegeneres Museum gefunden, das die Ausgrabungen wissenschaftlich fundiert beschreibt und überhaupt nicht touristisch ist. Hier wurde dann erklärt, dass es sich bei den Ausgrabungen um Grabstätten handelt und die verschiedenen Grabkammern verschiedene Ministern gewidmet sind, z.B. dem Minister für Delikatessen oder Landwirtschaft.
Die Kombination aus beidem war die perfekte Mischung für uns!
Am nächsten Morgen haben wir uns die große Moschee in Xi’an angeschaut. Sie ist ein perfektes Beispiel dafür, wie die muslimische Religion seit vielen Hundert Jahren im Chinesischen verankert ist.
Mit dem Zug fuhren wir dann weiter nach Chongqing, der größten Stadt der Welt. Da wir erst abends ankamen, haben wir eine Bootsfahrt in der Nacht auf dem Jangtse gemacht, von der aus man einen guten Ausblick auf die Stadt bei Nacht hat. Die Bootsfahrt hat nur ca. 1,5 h gedauert, aber die Boote waren richtige kleine Kreuzfahrtschiffe mit Bordbistro, Souvenirläden und VIP-Area. Wir hatten bereits davor gegessen und leicht belustigt dabei zugeschaut, wie das Buffett innerhalb von 15 min komplett leer gefegt wurde. Hier in China gilt übrigens das Motto: eine Sehenswürdigkeit ist nur dann gut, wenn es genügend zum Essen, ausreichend Toiletten und am besten Elektrocarts gibt, damit man nicht so viel laufen muss. Dementsprechend muss man die Reisetips der chinesischen Kollegen immer kritisch hinterfragen ;-)
Frisch ausgeschlafen und nach einem sehr leckeren Frühstück, haben wir uns auf Erkundungstour in Chongqing gemacht. Hier gibt es einige mittlerweile Sehenswürdigkeiten, die aus Platznot und aufgrund der Lage entstanden sind, so zb die S-Bahn, die durch ein Haus führt oder eine Seilbahn, die die beiden Stadteile, die durch den Fluss getrennt sind, verbindet. Die Seilbahn zählt hier übrigens zum städtischen öffentlichen Verkehrsnetz dazu.
Nach einem Tag in der Millionen-Stadt war uns nach Natur. Also legten wir spontan einen Zwischenstopp in Hechuan ein. Hier gibt es ein sogenanntes Fischerdorf, was aber eher einer Festungsruine, wie wir sie kennen, ähnelt. Der Taxifahrer meinte nur, dass das Fischerdorf nicht so beliebt sei. Dementsprechend wenig war auch los. Denn wenn man es mit den drei Kriterien oben vergleicht, kann es nicht wirklich mithalten: vereinzelte kleine Essensständchen, nur 1 Toilette und keine E-Karts. Aber dafür eine Menge Natur!
Nach einem schönen Spaziergang auf der Festung, beschlossen wir, noch weiter ins Ländliche zu fahren in ein Dorf namens Anju. Das Dorf ist sehr klein, aber schön am Fluss gelegen mit einer tollen Altstadt. Also fragten wir unseren Taxifahrer, ob er uns dorthin fahren kann. DiDis gibt es in Hechuan so gut wie nicht. Auf dem Weg nach Anju machte er uns darauf aufmerksam, dass das der Fluss ziemlich viel Wasser hat und einige Teile überflutet sind. Immer wieder waren Dorfbewohner zu sehen, die auf einer Brücke standen, und das Wasser anschauten. Wir beschlossen aber, mal weiter zu fahren und zu sehen, wie die Lage in Anju ist. Dort angekommen, liefen wir durch die wie ausgestorbene Altstadt zu einem Hotel am Fluss. Wir hatten uns sogar schon ein Zimmer ausgesucht, als der Strom ausfiel und die Frau im Hotel meinte, nachdem sie mit jemandem telefoniert hatte, dass wir hier nicht bleiben könnten. Warum konnte sie uns nicht sagen. Mittlerweile war es nach 17 Uhr. Also sind wir weiter zum nächsten Hotel. Die meinten dann sofort: nein, hier könnt ihr nicht bleiben. In unserem Dorf dürfen aktuell keine Ausländer übernachten.
Ziemlich frustriert und genervt haben wir dann wieder unseren Taxifahrer-Freund angeschrieben, der uns dann wieder abholen kam und zum Bahnhof brachte.
Statt einen Tag in Anju sind wir dann sofort nach Chengdu weitergefahren, wo wir spät abends im Hotel ankamen.
Am nächsten Tag beschlossen wir, die entspannte Atmosphäre in Chengdu komplett auszunutzen und den ganzen Tag im Teehaus mit Kartenspielen, Buch lesen und Tee trinken zu verbringen.
Den Tag ließen wir dann mit einem sehr leckeren (arabischen) Essen ausklingen.
Da unsere erste Wandertour in diesem Urlaub leider nicht stattgefunden hat, hat Simon immer wieder nach Alternativen geschaut und wurde schließlich auch fündig. Frisch ausgeruht machten wir uns also auf den Weg zum Qingcheng-Mountain. Hier kann man entweder auf dem vorderen (eher touristischen) oder hinteren Berg wandern. Wir haben uns dann den ruhigeren Berg ausgesucht. Insgesamt sind wir an diesem Tag 18km gewandert. Die Wanderung war sehr schön, nur hat man wegen des Nieselwetters relativ wenig von der Umgebung gesehen.
Zum Abendessen sind wir in ein kleines Restaurant, gegenüber von unserem Hotel, gegangen. Nach ein paar Minuten kam eine Gruppe Chinesen und bot uns ihren Reisschnaps an. Irgendwann nach etlichen Runden Übersetzer-App-Bingo hat sich herausgestellt, dass unsere neuen Tischnachbarn einen Firmenausflug machen. Ihre Firma ist in Chengdu und produziert Reisschnaps. Nur leider hatten sie schon ihren ganzen Schnaps selbst getrunken, sodass nach 30 Minuten alles leer war.
Als kleines Dankeschön, dass wir ihre Gäste so gut unterhalten haben, haben wir von dem Restaurant sogar einen kleinen Rabatt auf unser Essen bekommen :D
In dieser Nacht hat Simon sehr gut geschlafen ;-) für mich war es eher eine unruhige Nacht: ich habe mir auf der Festung ca. 40 Moskitostiche eingefangen, die sich nach und nach entzündet haben und mich die folgenden Nächte nicht wirklich haben schlafen lassen. Dazu kam, dass es die ganze Nacht durchregnete. Irgendwann wurden Simon und ich von einem lauten „Platsch“ wach: durch die Lampe an der Decke des Erkers kam ein kleiner Wasserfall heraus, der ab da kontinuierlich tropfte: Tropf, Tropf, Tropf,...
Naja, das Hotel hat schon bessere Zeiten gesehen.
Froh, das Hotel wieder verlassen zu können, wollten wir uns auf den Rückweg nach Chengdu machen. An der Haltestelle angekommen, waren schon einige Touristen da, allerdings ist kein Bus gefahren. Es stellte sich heraus, dass durch den Dauerregen nicht nur der Berg gesperrt, sondern auch die öffentlichen Busse nicht fahren dürfen.
Aber es wäre nicht China, wenn es dafür nicht auch eine Lösung geben würde. Die Lösung ergab sich auch direkt: clevere Dorfbewohner haben ihre Chance gewittert und prompt die öffentlichen Busse durch ihre Vans ersetzt und sich so etwas dazu verdient.
So sind wir doch noch zum Bahnhof zurück gekommen.
Da wir noch etwas Zeit hatten, bevor wir zum Flughafen mussten, haben wir uns noch ein Museum in der Nähe von Chengdu angeschaut. Hier werden Fundstücke der ersten chinesischen Kultur ausgestellt, die teilweise bis zu 4.000 Jahre alt sind.
Abends ging dann unser Flieger nach Shangri-La, dem Highlight unserer Reise.
Am 1. Tag haben wir uns nach einem westlich-tibetanischen Frühstück die Stadt angeschaut. Hier gibt es den 100-Hühner-Tempel auf einem Hügel nahe der Stadt, bei dem der Name tatsächlich Programm ist:
Anschließend sind wir weiter zur riesigen Gebetsmühle gelaufen. Man sagt, dass es Glück bringt, wenn man genau 3 mal an einer Mühle dreht.
Danach ging es weiter zum großen Kloster Ganden Sumptseling Gumpa.
Wir hätten zwar mit dem Bus hochfahren können, wollten aber lieber ein Stück zu Fuß gehen, da man auf dem Fußweg den besten Ausblick auf das Kloster hat.
Abends haben wir dann den lokalen tibetanischen Hotpot probiert: sehr lecker! Im Gegensatz zum Sichuan-Hotpot, der meist sehr scharf und dadurch für ungeübten Magen teilweise schwer verträglich ist, wird beim tibetanischen Hotpot mit milden Zutaten und z.B. Hühnerbrühe gearbeitet.
Am nächsten Morgen wollten wir eigentlich mit den Fahrrädern los und einmal um die Napa-Hai Graslandschaften herum fahren. Allerdings wurde uns schon beim Frühstück klar, dass das heute ein Regentag wird. Und auf einen ganzen Tag Fahrradfahren im Regen hatten wir nun wirklich keine Lust. Also haben wir es uns in einem Café und in unserem Hotel gemütlich gemacht, Rommee gespielt und unseren Rückweg nach Suzhou gebucht.
Am nächsten Morgen wurden wir überrascht: schönstes Wetter und keine Regenwolke in Sicht! Spontan haben wir unsere Züge nochmal storniert, Fahrräder ausgeliehen und los ging’s :-) die Graslandschaft war wirklich der krönende Abschluss unserer Reise! Denn am nächsten Tag ging es dann (diesmal wirklich) mit dem Bus und Zug über Lijiang und Kunming nach Hause.
Wir hatten insgesamt eine sehr schöne, aufschlussreiche und spannende Reise. Fast nichts kam oder passierte so, wie es geplant war. Aber trotzdem haben wir immer wieder gute und schöne Alternativen gefunden.
Und dank Simon weiß mittlerweile auch ich die Spontanität sehr zu schätzen :-)