Argitaratu: 20.02.2023
Zum ersten Mal seit dem Beginn unserer Blogeinträge überspringen wir ein paar Monate. Die Zeit in Vietnam, weil sie nun schon wirklich lange her ist und wir den meisten Leuten persönlich davon berichtet haben. Und die Zeit in Deutschland selbst war so voller voneinander unabhängiger Erlebnisse und Eindrücke- was unserer Beziehung definitiv gut getan hat- dass jeder einen komplett eigenen Blog darüber schreiben müsste. Rückblickend verging die Zeit wie im Fluge und es fiel uns schwer, erneut Abschied zu nehmen, auch wenn wir uns sehr auf die nun eine Weile geplante Reise nach Neuseeland freuten. Zunächst fuhren wir nach Frankfurt, wo erstmal wegen eines Fußballfans auf den Gleisen unserer Zug aufgehalten wurde und wir schließlich nach einer halben Stunde in eine andere Linie umstiegen, um pünktlich zum Flughafen zu gelangen. Nach einem schlaflosen Flug nach Dubai kamen wir nach dortiger Zeit früh morgens an. Auch der echt gute Kaffee in einem zum Glück klimatisierten Shoppingcenter, konnte uns nicht wirklich wachrütteln. Wir hatten während des Fluges einen Deutschen in unserem Alter kennengelernt, der auf dem Weg zu seiner Freundin und deren Familie in Thailand war. Wir zogen zunächst gemeinsam durch die Gassen und am Kanal entlang, an dem zahlreiche bunt geschmückte Fischerboote andockten. Auf dem Gewürzmarkt hätte ich gern einige der sehr exotischen Produkte etwas näher betrachten wollen, die Aufdringlichkeit der Verkäufer stieß mich jedoch ab, ich fühlte mich unangenehm an Neu Dehli erinnert. In einem kleinen Restaurant mit nur einem Tisch aßen wir ein opulentes Frühstück und zogen dann weiter zur Burj Khalifa, dem höchsten Wolkenkratzer der Welt. Man hätte für etwa 60€ auch mit dem Fahrstuhl hochfahren dürfen, das war uns aber etwas zu teuer und mit meiner Höhenangst hatte ich auch kein großes Verlangen nach diesem Erlebnis. Das Gebäude sah wirklich abnorm hoch aus, man musste sich extrem den Kopf verrenken, um die Spitze erkennen zu können, dabei kam man nicht näher als 50 Meter an das Gebäude heran. Wir hatten schon wieder Appetit und die Hitze machte uns zu schaffen. Nach einem kleinen Kaffeetrinken etwas außerhalb des Touristengebietes liefen wir runter zum Strand. Der präsentierte sich natürlich nicht als eine abgelegene Bucht, sondern als ein langer breiter Strand ohne Schatten (es seidenn, man wollte für eine Liege unterm Sonnenschirm zahlen). Uns wars egal, zumindest fühlte sich das Wasser annähernd erfrischend an und sah recht klar aus. Wir drapierten uns unsere T Shirts über den Kopf und machten ein Nickerchen im dürftigen Schatten einer Mülltonne, weder Handttücher noch eine Decke hatten wir dabei. Vermutlich sahen wir daher für Außenstehende etwas obdachlos aus, war uns aber egal. Die Sonne sank stetig und gegen 18 Uhr ging sie unter. Wir hatten die Schließfächer für unser Gepäck nur für 12 Stunden gemietet- sie waren extrem überteuert- und so machten wir uns auf den Rückweg zum Flughafen. Wir hatten mit dem Gedanken gespielt, uns ein Airbnb zu mieten, um ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, aber die meisten befanden sich so weit vom Flughafen weg, dass uns das mit unserem Gepäck zu stressig vorkam. Wir streckten uns also zunächst auf ein paar Liegebänken auf dem Weg zum Terminal aus, nach 2 Stunden Hin- und Hergewälze sahen wir ein, dass das zu nichts führte und wir mieteten uns eine Schlafbox. Mein Kopf hatte kaum das Kissen berührt, schon war das Licht aus. Viel zu schnell scheuchte uns der Wecker wieder hoch, der Flug nach Osaka, Japan stand an. Da wir dort den Transitbereich verlassen und neu einchecken mussten, hatten wir uns die dritte Covidimpfung geholt, mich auf ein negatives Testergebnis zu verlassen, wäre uns angesichts des Preises unserer Tickets zu heikel gewesen. Wir hatten Zeit für einen kleinen Spaziergang, viel gab es allerdings nicht zu sehen und für einen Trip mit dem Schnellzug aufs Festland (der Flughafen befand sich auf einer künstlichen Insel) hatten wir nicht wirklich Zeit. Schuld daran waren sowohl die sich nur sehr schleichend fortbewegende Schlange am Check In Schalter als auch ich, denn ich hatte vergessen, meinen neuen Reisepass online anzumelden. Mein noch gültiges Working Holiday Visum in Australien galt für den alten Pass. Mir rutschte natürlich das Herz in die Hosen, das hätte uns noch gefehlt, dass die mich nicht in den Flieger lassen. Zum Glück konnte die geduldige Dame am Schalter das mit der zuständigen Behörde in Australien am Telefon klären und wir konnten einchecken. Nach einem weiteren zermürbenden Flug hatten wir es dann endlich geschafft und befanden uns wieder in gewohnter Umgebung. Sarah holte uns vom Flughafen ab und wir gingen erstmal bei Rustys Markt einen Kaffee trinken. Sie hatte mich schon per Facebook vorgewarnt, dass unsere Green Beauty/Getrude nicht anspringen wollte und so war uns etwas mulmig zumute, als Matze den Schlüssel umdrehte. Nichts. Unsere treue Gefährtin schwieg uns an, irgenwo lief das ganze Kühlwasser raus und der Mechaniker, der sich in Laufweite befand, hatte geschlossen. Da blieb nur Abwarten und das Beste aus dem angebrochenen Wochenende machen. Katja, die wir auf einem Festival im Juni kennengelernt hatten, fuhr auf ein Minifestival in Gordonvale, nichtmal eine Stunde südlich von Cairns. Da wir ja nun weder einen Übernachtungsplatz noch andere Pläne hatten, kam uns so eine Tanzveranstaltung in Wassernähe gelegen, Campen war im Ticket inbegriffen. Wir quetschten uns alle mit Sack und Pack ins Auto von Katjas Freundin und machten uns auf den Weg. Die Party hatte gerade erst begonnen und so konnten wir uns einen netten Platz unter einem gigantischen Feigenbaum sichern. Als die erste DJane eine echt gute Nummer hinlegte und wir mit vielen sympathisch wirkenden Menschen auf der Tanzfläche herumhüpften, sah das Leben schon wieder viel besser aus. Mit kleinen Badeunterbrechungen- das Flusswasser war genauso eiskalt und klar, wie ich es in Erinnerung hatte- hielten wir bis kurz vor Mitternacht durch, dann gaben wir dem Schlafbedürfnis nach. Katja hatte gar kein Auge zugetan und war am nächsten Tag dementsprechend groggy, wir saßen nach einem starken Kaffee mit ihr und ihrem Freund Aiden am Pool und quatschten. Dann fuhren wir zurück zu unserem Auto, packten einige Sachen zusammen und liefen zu dem nicht allzu weit entfernten Campingplatz, wo wir unser Zelt aufschlugen. Ich hatte vergessen, wie fies und penetrant die Moskitos hier waren, ich sah mit Einbruch der Dämmerung nach wenigen Minuten aus wie ein Streuselkuchen und wühlte verzweifelt in unseren Beuteln, bis ich endlich den rettenden Spray fand. Wir schliefen zu den zwar ungewohnten, aber auf irgendeine Art beruhigenden Tierlauten des Regenwaldes um uns herum ein. Am nächsten Morgen mussten wir feststellen, dass meine tolle Hightech-Matraze irgendwo Luft verlor, wir lagen auf dem harten Boden. Matze machte sich voller Tatendrang nach einem schnellen Kaffee an die Arbeit, obwohl bereits um 9 Uhr schon schweißtreibende Hitze herrschte. Er hatte zusammen mit Sarahs Mechaniker eine Diagnose stellen können: das Wasserpumpenlager war kaputt, als Folge davon hatte sich der Zahnriemen verschoben und in seine Fassung gefressen. Wir konnten die zur Reparatur erforderlichen Teile über den Mechaniker bestellen,was viel schneller ging, als wenn wir es über einen Laden bestellt und abgeholt hätten. Nach einem halben Tag waren alle fehlerhaften Teile raus. Matze und ich waren ganz guter Dinge, neben netten Gesprächen auf dem Campingplatz und ausgedehnter Abkühlung im Pool kümmerte ich mich ums Kochen und Umorganisieren des Autos. Die Wintersachen konnten wir getrost wegpacken, zu keiner Tageszeit fielen die Temperaturen unter die 25 Grad Marke. Der Mechaniker, der einen vollen Terminkalender hatte und daher unser Autos sicher nicht innerhalb der nächsten 2 Wochen hätte aufnehmen können, war mit Matzes mechanischem Können und Wissen sichtlich beeindruckt. Am Mittwoch, nur 2 Tage nach Beginn der Arbeit, drehte Matze hoffnungsvoll den Schlüssel und der Motor sprang an. Nach wenigen Umdrehungen schien der Motor seinen Takt gefunden zu haben, er hatte wohl keinen permanenten Schaden erlitten. Wir Beide und der Mechaniker strahlten und als wir nach einer Testfahrt keine Unregelmäßigkeiten festtellen konnten, erklärte er das Proekt für erfolgreich. Am nächsten Morgen machten wir ein abschließendes Frühstück mit Sarah auf dem Camoingplatz. Ihr tat sichtlich leid, dass das Auto während unserer Abwesenheit Verschleiß erlitten hatte. Lag ja aber höchstwahrscheinlich nicht an ihr.. Und dank Matzes Können und der Hilfe des Mechanikers schnurrte unsere Green Beauty wieder so munter wie eh und jeh. Nach dem Abschied von Sarah, die wohl demnächst als Tauchanleiterin auf einem kleinen Luxusschiff bei den Solomoninseln angestellt werden würde, machten wir uns auf den Weg zu Andre. Der war erst gestern von einem Festival auf Moreton Island (bei Brisbane!!) wiedergekommen und hatte noch einiges zu tun. Wir gingen Essen im Woolshed, für das ich damals im März 2020 -währed unserer Hostelzeit in Cairns- einen 100 Dollar Gutschein gewonnen hatte. Danach fuhren wir zu Andre....bei ihm in dem schönen Haus am Strand zu sein, fühlt sich immer ein wenig wie Zuhause an. Vielleicht weil das Haus schon so viel erlebt hat oder weil Andres Aura einfach beruhigend und zugleich anregend wirkt, wer weiß... Er hatte nun einen neuen Mitbewohner und deshalb war das Zimmer, in dem wir beim letzten Mal übernachtet hatten, besetzt, aber wir konnten auf der Ausziehcouch im Wohnzimmer übernachten. Am nächsten Morgen half Matze Andre beim Entladen seines Campinganhängers und ich beschäftige mich im Garten... Am Nachmittag machten wir uns dann auf den Weg nach Süden, wir stoppten bereits nach 100 Kilometern und schlugen unser Dachzelt bei den Babinda Boulders auf. Wir hatten diesen traumhaften Ort bereits vor 1,5 Jahren auf unserem Weg nach Cairns besucht, den kostenfreien Campingplatz hatten wir jedoch nicht genutzt. Nachdem wir uns erstmal unseren Platz gesichert hatten- es war echt viel los- liefen wir das kurze Stück zum Wasser. Außer uns war kein Mensch da, dafür begrüßten uns unzählige Bremsen. Ich suchte zugleich Zuflucht im erfrischenden Nass, Matze kümmmerten die Viecher nicht so sehr, er erwischte die meisten, bevor sie dazu kamen, sich durch seine Haut zu bohren. Nach einer erholsamen Nacht- in unserem Dachzelt schlafen wir tatsächlich immer am besten- machten wir uns auf zu einer Wanderung auf den Mount Bartle Frere, den höchsten Berg in Queensland. Die Wettervorhersage sah leider nicht allzu toll aus, auf dem Weg zum Gipfel kamen wir allerdings an einigen wunderschönen Stellen vorbei. Nicht so schön waren die zahlreichen Blutegel, die sich an jede einzelne unbedeckte Stelle unserer Körper heften wollten. Wovon es leider zahlreiche gab, weil wir seit einer Weile keine mehr zu Gesicht bekommen hatten und warme Temperaturen herrschten. Auf dem Gipfel angekommen sahen wir leider nur für einen Moment das Meer, dann legten sich dichte Regenschleier über uns.
Matze hatte in seiner schlauen App einen idyllischen abgelegenen Strandabschnitt entdeckt, an dem man (inoffiziell) campen durfte. Die leichte Brise vertrieb die Hitze des Tages und glücklicherweise verfehlte uns sogar die vom Meer her bedrohlich heranziehende Regenfront. Auf dem Weg weiter Richtung Süden stoppten wir zum zweiten Mal in Airlie. Wir entspanntem am öffentlichen Pool und genossen ein Frühstück mit Aussicht, dann wanderten wir zu einem kleinen Aussichtspunkt. In Gladstone übernachteten wir auf einem Campingplatz, in Mackay hatten wir unsere Bekannte Rose leider nicht besuchen können, da sie nach einer Operation leider noch nicht auf der Höhe war. Da unser Flug nach Queenstown erst in einer Woche vom Gold Coast Flughafen abhob, hatten wir noch etwas Zeit. Ich sah mich etwas auf der „Adopt a backpacker“ Seite um, wo man gegen Essen und Unterkunft Leuten auf ihrem Grundstück/ im Haus half und fand Natalies Familie bei Pine Creek, in der Nähe von Bundaberg. Außer uns waren zwei Mädels aus der Schweiz da, die nur auf einem Besuchsvisum in Australien waren. Wir jähteten Unkraut, kümmerten uns um die Wäsche und putzten. Holly, die Tochter von Damien und Natalie, war eine sehr clevere und scheinbar immer gut gelaunt 1,5 jährige. Matze und ich schliefen sehr gut in unserem angenehm kühlen und ruhigen Zimmer im Untergeschoss. Jeden Abend kochte ich vegan für alle, die Schweizer Mädels waren ohnehin vegetarisch und Natalies Familie war kulinarisch aufeschlossen. Es war ungewohnt, solche Mengen zuzubereiten, machte aber auch Spaß. Nach 4 Tagen zogen wir weiter, zunächst nur ein kleines Stück weiter zu einer kleinen Buschparty, der ersten in der Gegend hier, zu der auch Katja aus Brisbane angereist kam. Sie hatte mit über 5 Stunden einen deutlich längeren Anfahrtsweg als wir und war nur mit einer Liege, ohne eigenes Auto und Zelt da, weshalb wir unser Wanderzelt für sie aufbauten. Ein paar tolle DJs vom „Spring Campout“, bei dem wir Katja damals kennengelenrt hatten, waren auch da und obwohl die Party nicht allzu gut besucht war, hatten wir eine schöne Zeit mit Katja und anderen nettten Menschen. Am nächsten Mittag machten wir uns auf den Weg weiter Richtung Süden, wir übernachteten im Hinterland der Sunshine Coast und lernten noch beim Zeltaufbau ein paar ansässige Deutsche kennen- typisch Sunshine Coast. Wir hatten bei Katja angefagt, ob wir unser Auto während unseres Neuseelandaufenthaltes bei ihrem Sohn unterbringen könnten, entschieden uns aber nach einem Chat mit Alicia (bei deren Familie wir ein wunderschönes Weihnachten 2020 verbracht hatten), es bei ihnen auf dem Grundstück zu lassen. Dort stand es noch abgelegener auf einem nicht einsehbaren Privatgrundstück, ergo diebstahlsicherer. Matze wollte die Autobatterie an unser Solarpanel hängen, damit sie nicht den Geist aufgab. Wir verbrachten also nochmal drei schöne Tage bei Alicia und Chris, eingekesselt von den spektakulären Kraterrändern des „Scenic Rim“ und halfen beim Tiere versorgen, kochen und anderen Projekten. Es waren gerade zwei andere Soloreisende als Helfer da, weshalb alle Schlafzimmer belegt waren und wir unser Dachzelt aufschlugen. Eines der Mädels, Lotte, kam auch aus Deutschland und es machte mir viel Spaß, mit ihr zusammenzuarbeiten. Erin und Ben, die Kinder von Chris und Alicia, waren schon wieder so viel erwachsener geworden, Erin beendete in dieser Woche bereits ihre Schullaufbahn und wollte nächstes Jahr in Europa verbringen und durch ihre Reitlehrerin eine Art Pferdearztkurs belegen. Am Morgen des 18.11. setzte uns Chris in Ipswich ab und wir begaben uns mit Sack und Pack in den Zug nach Brisbane. Von da ging es weiter an die Gold Coast, wo ich uns für eine Nacht im Hotel einquartiert hatte. Unser Flug ging am nächsten Morgen kurz nach 6, also hätten wir es nicht mit den öffentlichen aus Brisbane zum Gold Coast Flughafen geschafft. Wir schlenderten im Abendlicht des Strand entlang und ich hatte in einem veganen mexikanischen Imbiss den wohl besten Fischburrito meines Lebens, danach gingen wir früh ins Bett. Ich hatte uns für Queenstown schon vor Tagen eine Unterkunft organisiert, leider musste ich ziemlich direkt nach unserer Ankunft am Flughafen in Queenstown feststellen, dass ich einem Betrug zum Opfer gefallen war. Nun standen wir ziemlich ratlos und gestresst in der Schlange am Einreiseschalter, fieberhaft (zum Glüch funktionierte das WLAN wenigstens) nach Alternativen suchend. Wir mussten feststellen das es keine Übernachtungsoptionen unter 300 Dollar (um die 180€!!) mehr gab, weil an diesem Wochenende der Queenstown Marathon stattfand und deshalb fast alles ausgebucht war. Für die Tage danach sah es aber auch erstmal nicht so toll aus und alle Langzeitwohngebote, die ich gefunden hatte, hatten bereits zahlreiche Interessenbekundungen erhalten oder nahmen keine Paare. Wir liefen, weil der Bus gerade weg war, ein ganzes Stück bis zu einem Einkaufszentrum, wo wir uns Simkarten mit mobilen Daten besorgten. Ich fragte auf verschiedenen Facebookgruppen nach Rat/Hilfe, leider bekam ich keine hilfreichen Antworten. Wir liefen zu der Brauerei, in der Matze sich beworben hatte, quatschten mit einer paar Leuten und versuchten, ruhig zu bleiben. Als es dämmerte- und das geschieh ungewohnt spät, nämlich erst gegen 21.30, machte sich Verzweiflung und Frust in mir breit. Die zwei Paare, die neben uns saßen, boten uns ihre Couch für die Nacht an. Ich fühlte unenendliche Dankbarkeit und nachdem wir uns alles eingerichtet hatten, liefen wir zum lokalen Supermarkt und ich kochte und gegen 22 Uhr abends ein etwas dürftiges Mahl. Wenn man das extreme Stresslevel des Tages bedenkt, bin ich heute noch davon beeindruckt, wie gut wir in dieser Nacht geschlafen haben, erst nach 9 Stunden verließen wir das Reich der Träum. Nach einer Joggingrunde entlang des wirklich traumhaften Sees und einem leckeren Kaffee sah die Welt schon viel besser aus. Ich hatte zumindest für die nächsten zwei Nächte ein nicht allzu teures Doppelzimmer in einem Hostel gefunden. Orla und Leigh, wie unsere glorreichen britischen Retter hießen, fuhren uns sogar mit Sack und Pack dahin. Das „Flaming Kiwi“ Hostel lag recht zentral in Queenstown und weil es eh zu früh war, unser Zimmer zu beziehen und das Wetter grandios gut war, beschlossen wir, auf eine Wanderung zu gehen. Sport schüttet ja bekanntlich Glückshormone aus und die konnten wir ganz gut gebrauchen. Der Weg verlief zunächst im Zickzack durch den Wald, immer wieder kreuzten wir Mountainbikestrecken, die ganz besonders verrückte Menschen gern auf zwei Rädern runterbrettern. Der Ausblick von der oberen Gondelstation konnte sich schonmal sehen lassen, der See leuchetete in verschiedensten Blau- bis Grüntönen und einige Paraglider segelten durch die Luft. Wir machten uns auf zum Ben Lommond, einem der höchsten Gipfel so nah an Queenstown. Es fühlte sich gut an, die Menschenmassen von der Gondelaussichtsplattform hinter sich zu lassen. Die Temperaturen kratzten an der 30 Grad Marke, aber hier auf nun schon über 1000 Metern Höhe wehte eine angenehme Brise. Das letzte Stück hoch zum Gipfel brachte uns dann doch etwas aus der Puste und bedrohlich aussehnde Regenwolken zogen über unsere Köpfe hinweg (und die Regenjacken lagen natürlich im Hostel!!), das umliegende Panorama entschädigte uns aber hundertfach für das Mühsal. Nach wenigen Minuten auf dem Gipfel wurde uns dann auch tatsächlich etwas zu frisch. Am nächsten Morgen, Montag dem 21., hatte ich mein Vorstellungsgespräch im Queenstown House, einer Boutikeunterkunft. Ich wurde von den Managern Samantha und Paul begrüßt, sowie ihren aufgeweckten Cockerspaniel- Pudel- Mischlingen Pipp und Jack. Wir durchforsteten das Uniformrepertoire nach Kleidungsstücken in meiner Größe und ich wurde herumgeführt, dann wurde ich bis zum nächsten Tag verabschiedet. Guter Dinge stöberte ich durch die lokalen Secondhandläden und genoss die Ruhe unseres Hostelzimmers. Am nächsten Morgen begann ich bereits 7.30, Samantha erlärte mir alle Abläufe beim Frühstück. Ich würde das kleine Buffet vorbereiten, die Gäste empfangen, gegebenenfalls platzieren, Tee/Kaffee servieren und die Bestellungen für das a la Carte Frühstück aufnehmen. Nach einem kurzen Anflug von Nervosität- die Leute die hier übernachteten hatten nicht gerade wenig Geld, vielleicht hätte ich mich lieber noch etwas mehr zurechtmachen sollen!?- gingen mir die Tätigkeiten bereits sehr flüssig von der Hand. Nach dem Wegräumen des Buffets und der Gedecke, sowie Staubwischen und Staubsaugen, wurde ich an die beiden Mitarbeiter im Housekeeping abgegeben, speziell Victoria. Sie stammte aus Argentinien und wohnte seit einigen Jahren mit ihrem mexikanischen Partner in Queenstown. Gaston, ebenfalls aus Argentinien, kümmerte sich um die Geschirrabfertigung und half in der Frühstücksküche, ansonsten putzte er auch Zimmer und reparierte Kaputtes. Es gab außer den 12 Zimmern im Queenstown House auch noch eine andere Unterkunft, die 5 Autominuten entfernt direkt am See lag und aus 5 Appartments und einer Luxussuite bestand. Letztere wurde so gut wie nie gebucht, eine Übernachtung mit Seeblick, großzügigem Ess- und Kochbereich, Blattgold und ein eigenes Zimmer mit maritimen Mosaik und einer in den Boden eingelassenen Marmorbadewanne kosteten pro Nacht satte 2000$. Die anderen Appartments boten weniger Prunk und Platz, hatten aber ebenfalls eine Küche und einen seperaten Wohnbereich. Die Gäste die dort nächtigten, bekamen kein Frühstück und keine Häppchen inklusive Weinverkostung am Abend, sondern waren Selbstversorger. Mir gefiel die Arbeit sehr gut und ich machte mich auf den Weg zu unserer neuen Unterkunft, der Pinewood Lodge. Unser Zimmer im Flaming Kiwi hatten wir nicht verlängern können, glücklicherweise befand sich die Lodge in angenehmer Laufweite und so hatte Matze den Umzug in relativ kurzer Zeit erledigt. Ich hatte in unserem ersten Hostel einen Aushang gesehen, auf dem ein Thai Restaurant in Frankton für Auslieferer suchte. Nur wenige Minuten nachdem ich Luke, dem Dienstleiter, geschrieben hatte, wurde ich noch für den gleichen Nachmittag zu einem Probeschicht eingeladen. Gleich ein geschäftiger erster Arbeitstag, aber genau das wollte ich ja: Viel Arbeit, viel Ersparnisse. Ich begrüßte Luke und den anderen Fahrer, der Blaise hieß, dann ging es auch schon auf zur ersten Fahrt. Mir schlug das Herz bis zum Hals, ich hatte einen regelrechten Anfall von Lampenfieber. Mit einem komplett fremden Auto zur geschäftigsten Zeit in einer fremden Umgebung und einem fremden, möglicherweise sehr kritischen Beifahrer... Ich fühlte mich in die nervenaufreibende Stunde meiner Fahrprüfung zurückkatapultiert. Blaise stellte sich glücklicherweise als ein entspannter Zeitgenosse heraus, mit dem ich mich bereits auf der Rückfahrt über Gott und die Welt unterhielt. Wir machten noch eine Auslieferung, die dritte bestritt ich allein. Dann erklärte Luke meine Probeschicht für beendet und ich durfte mir etwas zu Essen bestellen. Voller postiver Energie fuhr ich anschließend nachhause und teilte das sehr leckere Mahl mit Matze. Der hatte am nächsten Morgen auch seinen ersten Tag, musste allerdings erst später raus als ich. Die Brauerei öffnete nie vor 12 Uhr, Montag und Dienstag waren Ruhentage. Abends sahen wir uns nur kurz, dann fiel ich ganz schön kaputt ins Bett. Die nächsten 3 Tage arbeitete ich sowohl morgens im Queenstown House als auch abends im Thai Take Away. Wenn gerade nichts Auszuliefern war, schnipselten wir verschiedenes Gemüse, kehrten und wischten. Das in den Gerichteten verwendete Gemüse stammte von einer Biofarm und wurde für das Restaurant und die Zweitfiliale in Wanaka angebaut, außerdem bekamen einige Leute eine wöchentliche gemischte Box. Das Essen schmeckte grandios, viele der Gerichte konnten veganisiert werden. Während meiner zweiten Schicht hatte ich Jo kenengelernt, die ursprünglich aus Kanada stammte und nun seit 3 Jahren hier lebte, sie ernährte sich ebenfalls vegan und hatte eine Fächerschwanztatoo- wie ich!!- natürlich in einem anderen Stil und auf dem Unterarm statt dem Rücken. Es formte sich augenblicklich ein Verständnis zwischen uns, ich sehnte mich regelrecht nach „toter Hose“ mit Auslieferaufträgen, damit ich mich mehr mit ihr unterhalten konnte. Neben den vielen Stunden in meinen beiden Jobs hatte ich weder zeit noch Energie, soziale Kontakte zu knüpfen, insofern schätzte ich mich sehr glücklich, dass ich mich täglich in beiden Jobs auf nette Kollegen freuen konnte. Am Sonntag, dem 27.11., zogen wir in eine längerfristige Bleibe um, zur Schwester meiner Chefin. Olivia wohnte mit ihren 3 Kindern in einem lichtdurchfluteten und gemütlichen Haus in Frankton. Sie holte mich mit Sack und Pack von der Pinewood Lodge ab und nach anfänglicher Zurückhaltung wurde sie etwas gesprächiger. Es gab nur eine Dusche mit Toilette, sowie eine weitere Toilette, was manchmal bei 6 Leuten etwas kompliziert wurde. Es half auf jeden Fall, das wir alle unterschiedliche Arbeits- und Aufstehzeiten hatten. An meinem nächsten freien Tag, einem Montag, fing Matze an, zusätzlich Monatsg und Dienstags auf einer Baustelle etwas außerhalb von Queenstown zu arbeiten. Ich hatte also keine großen Pläne aber durchaus Lust, in guter Gesellschaft die Gegend zu erkunden. Über eine Facebookseite kam ich mit Jessica in Kontakt, die eigentlich in Australien als Au Pair arbeitete, aber für einige Tage nach Neuseeland kam. Wir bestiegen den „Queenstown Hill“ zusammen, von dem aus man einen grandiosen Ausblick hatte. Der Wind ließ uns allerdings schnell frösteln und unsere ursprüngliche Idee, bis zum Arthurs Point weiterzuwandern und von dort den Bus zurück nach Queenstown zu nehmen, verwarfen wir. Zum Abendessen trafen wir uns mit Matze im „Atlas Cafe“, einer bei den Einheimischen sichtlich beliebten Bar am Hafen. Es gab lecker neuseeländisches Bier vom Fass und unser Hunger wurde gut gestillt. Eine Woche später traf ich mich erneut mit Jessi, diesmal fuhren wir mit dem Bus nach Arrowtoen und bummelten durch die Stadt. Am Flussufer blühten hunderte von Weiden, wodurch alles mit einer weißen fluffigen Schicht bedeckt war, die mich an frisch gefallenen Schnee erinnerte und sich wie feine Baumwolle anfühlte. Es gab einige interessante Holzhütten ehemaliger chinesischer Goldgräber, die restauriert worden waren. Jessi hatte vor ein paar Tagen einen Bungeesprung gemacht, den höchsten in Neuseeland mit 134 Metern! Mir wurde schon beim Schauen des Videos schlecht, auf dem man sie beim Abtauchen von der über einer Schlucht hängenden Plattform sehen konnte. Für kein Geld der Welt würde ich das tun!! Matze sah das natürlich anders, aber ohne Höhenangst denkt man sicherlich allgemein positiver über so einen Adrenalinkick. Am 8.12. hatte das Team vom Queenstown House Weihnachtsfeier, wir tranken zunächst im Penthouse in dem Appartmentblock unten am See einige Gläser Sekt, dann liefen wir zum Flame Restaurant. Es handelte sich dabei um ein südafrikanisches Steakthouse mit grandiosem Ausblick auf See und Berge. Samantha hatte eine Art Buffetmenu bestellt, dabei allerdings vergessen mich als Veganer anzumelden. Ich fragte nett in der Küche nach und extra für mich wurden ein Blumenkohlschnitzel und geröstete Spargelspitzen aufgetischt, lecker gewürzte Röstkartoffeln gab es auch zur Genüge. Wir hatten gerade die Reste in verschiedene Boxen aufgeteilt, als Matze kam um mich zur anschließenden Technoparty im „World Club“ abzuholen. Er freute dich natürlich sehr über das Resteessen und verputzte es gleich vor Ort. Gaston teilte mit uns noch die restliche halbe Flasche Rotwein- alle anderen waren schon gegangen oder wollten nichts mehr- dann machten wir uns auf den Weg. Ich fühlte mich weniger angesäuselt als nach den drei Gläsern Sekt am Beginn das Abends, was sicherlich auch daran lag, dass ich deftig gegessen hatte. Die Party war dann richtig gut, es spielte ein deutscher DJ namens Oliver Koletzki. Wir quatschten mit netten Leuten, tanzten sehr viel und waren etwas enttäuscht, dass schon um 3 Uhr alles dicht gemacht wurde. Wir gingen noch zum Quatschen und auf ein Bier zu Gastons Appartment. Ich kann mich noch erinnern, dass Jemand Techno anmachte, dann muss ich weggenickt sein. Als ich wach wurde, sah ich Gaston, der mit dem Gesicht zu mir lag. Ich lag in Gastons Bett!! Was zum Geier war passiert? Verwirrt guckt ich mich nach Matze um, der nicht im Bett zu finden war, im nächsten Moment vernahm ich aber einen dumpfen Schnarcher, der von der Küche kam. Matze schlief also dort auf dem Sofa, alles gut also. Ich döste noch ein wenig, tiefer erholsamer Schlaf wollte sich jedoch nicht mehr einstellen. Gegen 9.30 machte Gaston los, um sich mit einem Kumoel zu treffen, Matze machte sich auf den Weg nachhause und ich ging auf Arbeit, musste ja nur ein paar Stufen hoch. Ich merkte allerdings schnell, dass es mir nicht so toll ging, anhaltende Übelkeit und Lichtempfindlichkeit setzten mir schwer zu. Nach einer halben Stunde meinte Samantha, dass nicht so viele Zimmer zu machen waren und ich mich ruhig auf den Weg machen konnte. Da sie eh hinter zum Shoppingcenter musste, bot sie mir an, mich mitzunehmen und ich guckte gleich mal in der Apotheke nach was gegen Übelkeit. Ich entschie dmich für pflanzliche Tropfen von Welleda und merkte bereits wenige Minuten nach der Einnahme eine deutliche Verbesserung. Gott sei Dank! Am 11.12., einem Sonntag besuchten uns Dayna und Morgan, die wir aus unserer Zeit in Melbourne kannten. Wir hatten seit einer Weile keinen Kontakt gehabt, dann war ich zufällig auf einen Post von Dayna gestoßen, auf der man die im Moment überall blühenden Lupine sehen konnte. Noch bevor ich die Bildunterschrift las, wusste ich, dass sich die beiden hier in Neuseeland befanden. Das Foto war tatsächlich nur 3 Fahrtstunden entfernt entstanden, beim Mount Cook. Ich hatte mich also gleich mal gemeldet und nun, wenige Tage später, geschah eine Unerwartete Wiedervereinigung. Wir gingen mit den beiden eine Runde am Fluss spazieren, dann kochte ich Lasagne und wir brachten den beiden Wizzard bei, das wir ja nun von unserem Deutschlandaufenthalt mitgebracht hatten. Wir tranken leckeres Hazy IPA, das Matze im Rahmen seiner wöchentlichen Freiverköstigung von Arbeit mitgenommen hatte und genossen die letzte Wärme des Tages auf der Terasse. Am nächsten Morgen flogen die Beiden dann schon wieder zurück nach Australien. Schade, aber über das unerwartete spontane Widersehen hier in Neuseeland freuten wir uns sehr. Am nächsten Morgen kam Gwen an, die vor etwa 10 Tagen in Auckland gelandet war, dort zunächst einige Tage verbracht hatte und sich dann ein Auto gekauft hatte. Die Fahrt nach hier unten hatte sie scheinbar ganz gut überstanden, sie fühkte sich aber etwas angeschlagen. Weil Matze und ich uns frei genommen hatten, konnten wir zu dritt einen Ausflug nach Arthurs Point machen, wo sich der Shotover Fluss in unglaublich intensiv strahlenden Türkistönen durch beeindruckende Canyons schlängelte. Wir bewunderten die zahlreichen glitzernden Steine, die vor allem aus Schiefer, Quarz und Basalt bestanden. Ein Jetboot mit kreischenden Passagieren raste in atemberaubenden Tempo an uns vorbei um die Kurve, man dachte er müsse jede Sekunde auf den Steinen aufsitzen, aber es passierte nichts. Später am Tag saß ich dann auch in so einem Gefährt, zusammen mit meinen Arbeitskollegen Gaston und Victoria. Sam hatte das für uns organisiert, die meisten anderen der Passagiere waren auch Hotel- oder Restaurantmitarbeiter. Die Sonne prasselte trotz dem Fahrtwind und ich war foh, mich eingecremt zu haben,Gastons sehr eng sitzendes Cap musste mehrfach vorm Wegfliegen gerettet werden. Gwen übernachtete nun bei uns auf ihrer Luftmatraze, Matze hatte Olivia und ihre Kinder am Morgen zum Flughafen gefahren. Sie flogen für 2 Wochen nach Vanuatu, wo sie seit etwa 2000-2012 gelebt hatten. Wehnachten am Strand, mit alten Freunden die tolle Häuser direkt am Strand hatten... das könnte ich mir auch ganz gut vorstellen. Wir hatten dafür aber sturmfrei, was auch ganz gut war. Leider erfuhr ich einige Tage später, dass es Sams und Olivias Mutter nicht gut ging und sie deshalb für eine Weile bei Olivia einziehen würde. Ergo: Wir würden unser gerade so lieb gewonnenes Heim am 27.12. wieder verlassen. Die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester war natürlich eine ganz besonders gute Zeit, eine neue Bleibe zu suchen. Ich versuchte, positiv zu bleiben, leider hatte ich mir eine fette Erkältung eingefangen, bei Matze fing es wenige Tage später auch an. Wir schleppten uns trotzig trotzdem auf Arbeit. Ab dem 24.12. bis zum 2.1. hatte Matze frei, sowohl bei der Baustelle als auch der Brauerei. Ich arbeitete gern trotzdem, immerhin gab es Feiertagszuschläge. Am 24. Hatte ich gerade das vorletzte Zimmer kontrolliert und holte frische Handtücher, als ich eine Schraubdose im Housekeepingschrank entdeckte. Laut Aufschrift handelte es sich bei dem Inhalt um Cacium und Vitamin Gummibärchen, die Gäste wohl in ihrem Zimmer zurückgelassen hatten und die Gaston in swn Schrank gestellt hatte. Ich, die eh gerade Lust auf Süßkram bekommen hatte, dachte mir, ein paar Vitamine seien wohl eine ganz gute Idee, bei all der körperlichen Belastung und meiner gerade so erst auskurierten Erkältung. Ich aß einen der orangen, der lecker schmeckte, dann nahm ich mir einen lilanen vor. Es handelte sich dabei um das einzige andersfarbige Bärchen, aber das kam mir nicht allzu komisch vor, fürs Reisen packen die Leute ja mitunter gemischte Dosen mit Vitaminen oder Snacks. Dieser Bär hatte einen komischen Beigeschmack, irgendwie pflanzlicher als der davor. Vielleicht war es ja das Gelatin, an das ich nicht mehr gewöhnt war, dachte ich. Was sonst soll denn an dem Ding „schlecht“ sein...? Da ich mit den Zimmern fertig war, widmete ich mich dem Verteilen der neu angelieferten Wäsche, die in die einzelnen Schränke in den 3 Gebäuden verteilt werden musste. Irgendwann fand ich mich vor einem der Schränke wieder und hatte eine Art geistigen Ausfall, ich konnte mich nicht entsinnen, dorthin gelaufen zu sein und starrte die Wäschestücke in meiner Hand an. Mein Gehirn verwehrte mir jeglichen Zugriff, dann begannen meine Arme zu kribbeln. Wohl zu wenig Wasser getrunken und naja, gefrühstückt hatte ich auch nicht so wirklich und es war nach um 12... Aber das bisschen, was noch wegzuräumen war, konnte ich doch sicher bewältigen?! Ich musste mir nach dem Erklimmen der wenigen Stufen zurück ins Hauptgebäude eingestehen, dass das nicht ging, ich fühlte mich zunehmend aus der Welt geschossen und hatte das Gefühl, dass mein Herz immer schneller und schneller schlug. Ich taumelte in die Küche, wo Samantha gerade mit der Vorbereitung des Weihnachtsabendessen für die Gäste beschäftigt war. Die 2 Gläser Wasser, die ich mit zitternden Händen an meine Lippen befördert hatte, bewirkten keine Verbesserung. „Sam, mir gehts nicht gut“, gab ich schließlich zu. Sie geleitete mich sofort zur Couch in die Lounge, legte meine Beine hoch und brachte mir noch mehr Wasser. Ich versuchte, mich zu beruhigen, aber mein Herz schlug mir bis zum Halse, und das Zittern ließ einfach nicht nach. Herzmuskelentzündung, Herzinfarkt, Schlaganfall, Embolie??? Diese düsteren Diagnosen schossen mir durch den Kopf, ich fühlte mich hilflos ausgeliefert und meine Panik nahm weiter zu. Ich hasste den Gedanken, Sam Unannehmlichkeiten zu bereiten, sie hatte ja schon genug Stress. Aber nach etwa 15 Minuten musste ich mir eingestehen, dass es sich nicht nur um eine leichte Kreislaufschwäche handelte. Ich erzählte Sam von den Gummibären und fühlte mich dabei ziemlich lächerlich. Als sie mir zum zweiten Mal anbot, mich nachhause oder ins Krankenhaus zu fahren, ließ ich mir mit zitternden Knien aufhelfen und zu ihrem Auto verfrachten. Ich hatte tatsächlich vorgehabt, mich von ihr ins Krankenhaus bringen zu lassen, aber ich hatte plötzlich furchtbare Angst, zu sterben ohne Matze nochmal gesehen zu haben. Ich bat sie also, mich zu Olivias Haus zu fahren, das Krankenhaus war ja von da auch gleich um die Ecke und im Notfall konnte Matze auch Olivias Auto borgen. Matze saß gerade auf der Terasse und bastelte an etwas herum, er sah verwirrt aus, als er sah wie ich von Sam gestützt auf ihn zutorkelte. Als ich dann schließlich von dem komisch schmeckende Gummibärchen erzählte, bekam er einen heftigen Lachanfall. Ich fand das nicht sehr nett, immerhin schlug mein Herz in extremen Tempo und alle möglichen Körperteile fühlten sich entweder taub oder kribbelig an. Er half mir aufs Sofa und hielt meine Hand. Nach ein paar Minuten beschloss ich, es mit etwas Nahrungsaufnahme zu versuchen, in der Hoffnung das es irgendeine Verbesserung hervorrief. Tatsächlich ging es mir anschließend ein Müh besser.. und dann fing ich an, unkontrolliert zu lachen, ich konnte gar nicht mehr aufhören. Spätestens da wurde mir bewusst, dass Matzes Diagnose in der Tat korrekt gewesen war, ich hatte ein Marihuanagummibärchen gegessen. Ich hatte nichtmal gewusst, dass solche existierten und ärgerte mich ziemlich, dass ich meine Geschmacksknospen angezweifelt hatte. In einer weiteren Stunde ging es mir besser, mein Puls hatte sich etwas beruigt. Ganz nüchtern fühlte ich mich aber immer noch nicht und in einer halben Stunde würde meine Auslieferschicht beim Thai beginnen! Da ich um keinen Preis dort anrufen und sagen wollte: „Hey, sorry ich kann nicht kommen, ich habe Drogen konsumiert“,nahm ich Matze als moralische Untersützung und Notfallersatzfahrer mit. Luke hatte damit kein Problem und ich freute mich, dass Jo da war. Ein Teil von mir wollte losplappern, ich hatte aber keine Möglichkeit, unter vier Augen mit ihr zu reden. Unerwartet brach ich wieder in ein leicht hysterisches Kichern aus, Jo sah mich fragend an, ich winkte ab und schaffte es unter gigantischer Anstrengung, meinen Lachkrampf zu lösen. Zum Glück passierte nicht viel, ich schnipselte Gemüse in der Küche und hatte eine Auslieferung. Auf den Straßen war so gut wie nichts los und ich fuhr im Schneckentempo, mein Blickfeld blieb zum Glück scharf und ohne zeitliche Verzögerungen. Nach zwei Stunden bot Luke mir an, zu gehen, er hatte mitbekommen dass Matze die Tage frei hatte. Ich nahm das Angebot nur allzu gerne an, schnappte mir mein Essen und lief mit Matze zurück nachhause. Was für ein Tag, so einen schrägen 24.12. hatte ich auch noch nicht. Am 26. hatte ich dann frei und hatte von meinem Chef im Thai Restaurant die Zustimmung bekommen, mir das Benzinersatzauto ausleihen zu dürfen. Ausgesprochen guter Dinger fuhren wir zu Gwen nach Wilsons Bay, wo sie seit zwei Tagen auf das Haus einer dreiköpfigen Familie aufpasste, die gerade im Urlaub war. Das Arrangement nennt sich „Housesitting“ und ist meistens auch mit dem Versorgen von Haustieren verbunden- in Gwens Fall eine Katze und eine Echse- dafür kann man kostenlos wohnen. Das Haus war grandios schön gelegen und thronte auf hohen Stelzen nur wenige hundert Meter vom Strand entfernt. Allgemein schienen die Bewohner nicht gerade ordnungsliebend zu sein, die Küche war aber gut ausgestattet und ich fand alles, was ich für die Zubereitung unseres Weihnachtsessens brauchte. Es gab veganen Braten aus Seitan, Röstkartoffeln, dazu verschiedenes Gemüse auf dem Ofen und verschiedene Dips, unter anderem ein gut knoblauchhaltige Guacamole. Später am Abend kuschelte ich mit Gary, dem Kater der Familie, der uns zunächst sehr misstrauisch beäugt, aber uns schließlich als „nicht feindselig“ eingestuft hatte. Matze fand das nicht so toll, weil Gary dann später auch zu uns ins Dachgeschoss kam, wo wir auf einer Gästematraze schliefen, das Zimmer hatte keine Tür. Am nächsten Morgen genoss ich die noch nicht allzu doll auf der Haut brennenden Sonne auf dem Balkon, dann wanderten Matze und ich den Mount Crichton Loop, Gwen hatte keine Energie. Wir fanden einen etwas versteckten Wasserfall, an dem wir unsere Füße kühlten und picknickten, zum Schwimmen war es uns dann doch zu frisch. Über 8 Grad hatte das glasklare Wasser sicher nicht. Dafür überwand ich mich dann später, als wir am Ende unserer Wanderung einen Abstecher zum Strand machten. Der Wakatipu See, den wir aus der Vogelperspektive so eindrucksvoll vom Gipfel des Ben Lomond aus bewundert hatten, erreicht eine Tiefe von bis zu 380 Metern und hat im Schnitt eine Temperatur von gerade mal 10 Grad. Er ist das drittgrößte Binnengewässer in Neuseeland. Nach dem eiskalten Bad, länger als 1 Minute bin ich zugegebermaßen nicht geschwommen, waren die Steine am Strand eine wahre Wohltat, sie verbrannten mir fast die Haut. So schön ein Sandstrand auch ist, es hat Vorteile sich handtuchfrei hinlegen zu können ohne sich später aus jeder einzelnen Körperöffnung Sand herauspulen zu müssen. Am 27. Zogen wir dann zum 4. Mal in nur 5 Wochen um, zu Paula, einer guten Freundin meiner Chefin. Sie wohnte mit ihrer 15 jährigen Tochter Lani und dem Hund Bro in einem schicken Appartmentkomplex entland der Straße von Frankton nach Queenstown. Matze hatte nun einen nur 5 minütigen Arbeitsweg mit seinem alten aber schnittigen Rennrad, ich brauchte mit dem Bus auch nur 15 Minuten und konnte nun 3 verschiedene Busslinien statt nur einer nutzen. Das war angesichts der vielen Busausfälle ein großer Vorteil, jeden Tag zeigte mir die App ausfallende Busse an. Mindestens jeden dritten Tag hatte ich mir bisher mit dem ausgestreckten Daumen helfen müssen, weil ein Bus nicht kam oder ich auf dem Weg von der Arbeit den Bus verpasst hatte. Zum Glück waren viele Leute sehr hilfsbereit und ich wartete eigentlich nie länger als drei Minuten. Paula hatte eine Gemeinschaftsgartenparzelle nicht weit entfernt vom Queenstown House. Sie nahm mich gleich mal mit dorthin und ich half ihr, frische Kartoffeln, Kräuter, Bohnen, Zuckerschoten und Blumenkohl zu ernten. Eine Nachbarin schenkte mir Artischocken, von denen ich einige einlegte, andere im Odn röstete- für mich ein noch unbekanntes Terettorium. Das einzige störende in der neuen Unterkunft war, dass wir in einem Einzelzimmer waren, es gab nur ein schmales Bett und gerade noch genug Platz, um eine weitere Matraze auf den Boden zu legen, auf der Matze dann schlief. Es war mir leider morgens, wenn ich eher als er aus dem Bett musste, nicht möglich aufzustehen ohne auf seinem Bett herumzutrampeln. Wir hatten mit dem Gedanken gespielt, an Silvester nach unserer Arbeit nochmal nach Queenstown zu fahren, aber angesichts der Geschichten, die ich über die Menschenmassen in den Fußgängerzonen im Zentrum gehört hatte, hatte ich nach einem bereits 12 stündigen Arbeitstag keine Lust mehr. Matze war auch damit glücklich, auf dem Balkon den Sonnenuntergang zu genießen und sich dann mit lecker Essen und einer Folge Netflix aufs Sofa zu kuscheln. Paula und Lani waren beide bis spät nachts unterwegs und so hatten wir alles für uns allein. Ohnehin musste ich am nächsten Morgen zeitig arbeiten, Matze musste erst am 2. wieder in der Brauerei auf der Matte stehen. Das Arbeiten machte ihm sichtlich Spaß und ich hatte auch bereits das Glück gehabt, ein paar seiner netten Kollegen kennenzulernen. Mit dem hausgebrauten Bier hatte die Brauerei 2021 zu Recht eine Auszeichnung gewonnen und es gab wöchentlich mehrere neue Kreationen vom Fass. Ab dem 8.1. waren Paula und Lani im Urlaub und wir hatten das schöne Appartment für uns. Außerdem hatten wir das Angebot bekommen, in Lanis Schlafzimmer umziehen zu dürfen, welches ein Doppelbett hatte. Nach einer Nacht zog ich zurück ins kleine Zimmer, Matze blieb im großen Bett, was bedeutete dass er morgens nicht von meinem Wecker aufgeweckt wurde. Es waren die wenigen Nächte, wo wir einigermaßen gut schliefen, ansonsten waren die Jalousien leider nicht dunkel genug und die Luft trocknete uns beiden gnadenlos die Schleimhäute aus. Ich half seit einem Monat etwa ein- bis zweimal die Woche in einem Katzenheim direkt bei Olivias Haus. Die Leiterin Andrea war eine herzensgute Frau, die sehr engagiert für ihre Schützlinge war. Jedes Mal wenn ich kam, wurde ich bereits beim Absteigen vom Rad von aufgeregten Vierbeinern umschwärmt. Die meisten waren grau getiegert, es gab Katzen aller Altersklassen, einige mit chronischen Erkrankungen, einige scheue und andere, die zwar Menschen mochten aber keine anderen Katzen. Ich half mit beim Füttern und versuchte mein Bestes, Neuankömmlinge an menschlichen Kontakt zu gewöhnen. An einem Sonntag lud Andrea mich ein, mit zum Karaoke ins „Cowboys“ zu kommen, ich fuhr mit dem Bus, sie wurde von einer Freundin mitgenommen. Als ich ankam, sah ich erstmal kein bekanntes Gesicht und setzte mich erstmal mit einem Cider an den Tresen. Es war noch nicht viel los, die Leute tröpfelten nach und nach herein. Als ein Gespann sehr bunter Gestalten zur Tür hereinspazierte, nahm ich sofort an, dass es sich um Andreas Truppe handeln musste, konnte aber Andrea zunächst nicht ausmachen. Wen ich sofort erkannte, war Dean, ein älterer und etwas beleibter Kollege vom Thairestaurant. Mit ihm hatte ich absolut nicht gerechnet, weder wusste ich dass er mit den „Katzenmenschen“ in Verbindung war noch dass er zu Sing- und Tanzveranstaltungen ging. Und dann auch noch Seite an Seite mit einer der aufgetakelsten Drag Queens, die ich bisher gesehen hatte. Die Dame, die mir am nächsten stand, eine sehr wohlgeformte Blondine mit geblümten Rockabilly Kleid und dazu passender Frisur nahm mich herzlich in den Arm. „Andrea?“, fragte ich zögernd. „Klar, hab mich heute mal etwas hübscher gemacht als sonst“. Noch sprachloser stand ich dann da, als Andrea ihre erste Gesangsdarbietung zum Besten gab. Das „Cowboys“ hatte sich inzwischen gut gefüllt, die Stimmung war belebt. Ich unterhielt mich eine Zeit lang mit Andrea und ihrer Freundin, schließlich packte mich aber das Tanzfieber und ich mischte mich in die Menge. Die Mehrheit der Partygänger kamen von Übersee, speziell Australien, ich lernte aber auch einige Kiwis kennen. Ein Highlight neben dem Karaoke stellte ein elektrischer Bulle dar, von dessen buckelndem Rücken an diesem Abend zahlreiche Leute auf die Matte plumpsten. Dabei zuzusehen hatte auf jeden Fall Unterhaltungswert. Mich reizte diese Herausforderung durchaus aus, mit meiner bereits lädierten Wirbelsäule wollte ich mich dann aber doch nicht draufsetzen. Irgendwann übermannte mich die Müdigkeit, es war ja auch eine lange Woche gewesen, und ich verabschiedete mich. Als ich dann draußen in ein Taxi stieg- per Anhalter fahren würde ich mitten in der Nacht natürlich nicht- musste ich feststellen, dass es tatsächlich auch schon halb 2 war. Und dabei hatte Andrea noch gemeint, dass sie als „alte Leute“ nie nach Mitternacht aus waren. Ich konnte am nächsten Morgen glücklicherweise ausschlafen, dann trank ich entspannt Kaffee auf der Terasse und genoss das Vogelgezwitscher. Gegen halb 10 brannte mir die Sonne dann doch zu sehr auf der Haut und ich flüchtete nach drinnen. Schließlich raffte ich mich auf und fuhr ein Stück mit der Fähre- die konnte man hier ganz entspannt mit der aufladbaren Nahverkehrskarte nutzen. Ich lief fast 3 Kilometer den See entlang, am Strand im Viertel „Kelvin Heights“ ließ ich mich auf die Wiese plumpsen. Matze kam später nach seiner Arbeit auf dem Bau dazu und schlief gleich mal ein. Als wir uns dann auf dem Heimweg waren, kamen wir gut ins Schwitzen, obwohl es bereits gegen 19 Uhr war. Viele Neuseeländer und auch die meisten unserer älteren Gäste im Queenstown House jammerten über die Hitze, ich genoss das sommerliche Wetter in vollen Zügen. Nach einer Woche kehrte Paula zurück, sie stürzte sich sofort wieder in ihre Arbeit und man sah sie selten. Victoria, die Argentinierin, die mit bei uns als Zimmermädchen arbeitete und mit der ich oft ein nettes Gespräch während der Arbeit geführt hatte, würde gegen Ende des Monats zu Besuch in die Heimat fliegen. Da sie mitbekommen hatte, dass wir auf der Suche nach einer neuen Bleibe waren, hatte sie mir ihr Appartment gezeigt und auch Kontakt zwischen ihrer Vermieterin und mir hergestellt. Die etwa 35 Quadratmeter große Erdgeschosswohnung mit etwas abgeteilter Küche und Bad/Waschraum lag nur 10 Gehminuten von Arbeit entfernt, kostete jedoch steile 450$ in der Woche- bei Paula zahlten wir 250$- und es gab weder WLAN noch gut funktionierenden Datenempfang. Ich beschloss, dass es immer noch günstiger als ein Hostelzimmer war und man vermutlich die Chance ergreifen sollte. Nach einigen Tagen beschloss ich, dennoch ein letztes Mal mein Glück auf Facebook zu versuchen und schrieb Emilie, die mit ihrem Partner auf der Kent Street wohnte, 5 Gehminuten von Arbeit und die Miete betrug nur 350. Wir kamen recht spät abends nach der Arbeit vorbei und waren natürlich nicht die Einzigen, die an dem Tag zur Besichtigung vorbeikamen, ich machte mir also nicht allzu große Hoffnungen. Emilie hatte eindeutig Gemeinsamkeiten mit mir, wir quatschten ununterbrochen und ihre Lebhaftigkeit wirkte ansteckend. Sie hatte eine Liebe für Pflanzen und einen grüneren Daumen als ich. Ihr Freund Rob wirkte etwas zurückhaltender, er hatte vielleicht auch einfach nur einen anstrengenden Tag gehabt und wollte eigentlich nur noch seine Ruhe haben. Die Wohnung war eindeutig als ehemaliges AirBnb erkennbar, die Wände waren etwas zu kahl für meinen Geschmack, das überall außer in Küche und Bad Teppich verlegt war, gefiel mir aber. Beide Schlafzimmer hatten ein eigenes sehr schickes Bad und das freie Zimmer bot einiges an Platz sowie einen beinah begehbaren Kleiderschrank sowie Kommoden. Außerdem war es auffallend dunkel und kühl. Nach einem Gang auf den Balkon, von dem aus man den sich noch in vollem Gange befindenden Sonnenuntergang bewundern konnte, waren wir verliebt. Auf dem Weg nachhause konnte ich es nicht lassen, unser Kennenlenen zu analysieren und Kompatibilität berechnen zu wollen. Netterweise ließen uns Emilie und Rob nicht zu lange im Ungewissen, bereits beim Aufwachen am nächsten Morgen las ich, dass wir auserwählt worden waren. Nun musste ich jedoch Victorias Vermieterin, die mit mir den Papierkram machen wollte, von der Veränderung erzählen und hatte das Gefühl, dass ihre Reaktion doch ziemlich angesäuert war. Victoria sah ich auf Arbeit erstmal gar nicht und da echt viel zu tun war, wollte ich eine ruhige Minute abwarten, um mit ihr zu reden. Natürlich war das eine dumme Idee gewesen, sie kam ins Zimmer gestürmt, in dem ich gerade das Bett neu machte und fragte mich sehr anklagend, wieso ich sie im Stich ließ. Ich bereute natürlich, ihrer Vermieterin vor ihr Bescheid gegeben zu haben, angesichts der hunderten von wohnungssuchenden Menschen in Queenstown hatte ich keine Zweifel gehabt, dass sich innerhalb eines Tages zahlreiche andere Interessenten finden würden. Ich fand daher ihre Reaktion etwas überzogen aber sie hatte sich ja schon mit Gaston vor einigen Tagen wegen Pillepalle gestritten und redete nun kein Wort mehr mit ihm. Nun arbeitete ich also wieder ausschließlich mit Gaston, fand ich jetzt nicht so schlimm...er war deutlich unkomplizierter. Nach einigen Tagen kam Samantha dann auf mich zu und meinte, ich solle meine Probleme doch mit Victoria lösen, wir wären ein kleines Team und es sei wichtig, dass sich alle vertragen. Ich verstand das durchaus, es lag ja aber nicht in meiner Hand, Victoria war eindeutig gegen jegliche Schlichtung. Trotzdem versuchte ich es einen Tag später nochmal, entschuldigte mich erneut. Erstaunlicherweise ging sie darauf ein, sicherlich auch weil Sam mit ihr das gleiche Gespräch geführt hatte. In meinem anderen Job beim Thai Restaurant lief alles entspannt wie immer, ich freute mich jedes Mal wenn ich mit der Kanadierin Jo zusammen Schicht hatte. Wir trafen uns wöchentlich vor der Schicht am See und gingen schwimmen oder quatschten einfach nur. Sie war mit mir den Peninsularundweg in Kelvin Heights gelaufen, eine sehr schöne Ecke. Wir hatten viele Gemeinsamkeiten und konnten über alles sehr offen und unkompliziert reden. Am 17.1. hatten wir beide frei und wollten uns gern einen Van in Wanaka angucken und bei der Gelegenheit auch mal etwas Neues sehen. Katznfreundin Andrea hatte mir angeboten, dass wir ihr Auto dafür ausborgen durften. Allein schon die Fahrt bot einige schöne Aussichtspunkte, wir wanderten dann aber noch auf einen viel schöneren: Roys Peak. Die Sonne brannte unnachgiebig und es wehte kaum eine Brise, darüber waren wir aber angesichts des sehr staubigen Weges froh. Das erste Mal seit einigen Wochen- auf den Berggipfeln um den See in Queenstown war nun alles weggeschmolzen- sahen wir Schnee. Zur Belohnung für die Strapazen gönnten wir uns dann erstmal ein ausgesprochen gutes Bier bei „Rhyme& Reason“. Matze verkündete, dass ihr Pils locker in den Top 5 seiner bisherigen Verkostungen in Australien und Neuseeland lag. Der Barmann, der gleichzeitig auch braute, war davon so gut gelaunt, dass er uns einige Dosen schenkte. Der hässlich in abblätterndem schwarz und grün bemalte Van stand beim Mechaniker, er war nun doch noch nicht zur Inspektion drangekommen. Abgeschlossen war er aber nicht und der Schlüssel lag im Fach, sodass Matze den Motor testen konnte. Der bisherige Besitzer hatte damit angefangen, den Van mit Holz und Insuliermaterial auszukleiden, ansonsten war er leer. Mechanisch schien soweit alles ok zu sein, außer einem Leck und Rostflecken. Matze vermutete, dass er die WOF nicht bekommen würde, der Besitzer ein paar Sachen beheben würde und dann konnte man anfangen zu verhandeln. Würde also wohl noch ein paar Wochen dauern... Mit knurrenden Mägen wollten wir uns nicht auf den Heimweg machen, also aßen wir bei einem Restaurant im Kantinenstil, wo es ein sehr leckeres Angebot gab. Gut, dass wir uns recht schnell entschieden hatten, wenige Minuten später wurden die Leute alle abgewiesen, weil es nichts mehr gab. Ziemlich fertig von unserem „freien“ Tag fuhren wir zurück und erledigten auch gleich noch einen größeren Einkauf, war ja somst eher schlecht machbar. Als wir am 22.1. umzogen, fühlten wir uns sofort zuhause und obwohl wir sowohl Olivia als auch Paula, bei denen wir bisher mit gewohnt hatte, mochten, fühlte es sich doch anders an mit gleichaltrigen Menschen und einem eigenen Badezimmer. Im Queenstown House fiel jetzt erstmal einiges an Arbeit an, Victoria war nun weg und so blieb alles an mir und Gaston hängen. Hatte einer von uns Beiden frei, konnte der andere mit einem zehnstündigen Arbeitstag rechnen. Und das auch nur, weil dann Marianne und Samantha ein paar Betten mit abzogen. Es tröstete mich etwas, dass das Wetter an meinen stressigsten ausnahmsweise mal ziemlich bescheiden war, so sehnte ich mich nicht allzu sehr nach dem Strand. Bei Andrea im Katzenheim hatte ich eine neue Sorgenkatze: Kerry. Sie war nach viel Kennenlernen von einer Frau adoptiert wurden, der sie während eines Umzuges weggelaufen war. Kerry war zwar schließlich wieder aufgetaucht, aber dann hatte der neue Vermieter verkündet, er würde keine Katzen dulden. Ergo, Kerry musste wieder in ihr altes „Zuhause“. Sie wirkte trübsinnig und kraftlos, was man durchaus verstehen kann, sie war wohl schon immer scheu und brauchte lange Warmlaufzeit mit Menschen. Die ersten 3 Besuche hatte ich sie zwar streicheln dürfen und sie hatte es auch nach anfänglichem Erstarren sichtlich genossen, sie bewegte sich jedoch partout nicht aus ihrem Korb und zeigte auch kein Interesse an Nahrungsaufnahme. Sie brauchte wohl erstmal Zeit, um zu trauern und sich umzugewöhnen...Am 2.2. tauchte eine freundliche und energetische Frau zum Probearbeiten als Saubermachhilfe im Queenstown House auf. Sie hieß Jessi und kam ursprünglich aus Malaysien, wohnte nun aber samt Ehemann in Boston. Ihre bessere Hälfte hatte sie in den USA gelassen, er hatte das Visum bisher immer noch nicht bestätigt bekommen und hatte auch gerade erst einen neuen Job angefangen. Ich fand es ziemlich cool, dass Jessi dann einfach allein hergeflogen war, sie hatte schon drei Wochen auf der Nordinsel verbracht. Im Moment wohnte sie in einem Hostelmehrbettzimmer und wusste noch nicht genau, ob sie längerfristig hier bleiben wollte, wenn es mit der Wohnungslage hier so schlecht stand. Zunächst arbeitete sie abwechselnd mit Gaston und mir zusammen, nach einigen Tagen kam dann aber Amanda, die argentinische Frühstücksköchin, aus ihrem Heimaturlaub zurück, und arbeitete erstmal mit im Housekeeping. Martin, der andere Chef, würde gegen Ende des Monats Queenstown verlassen, dann konnte sie das Zepter übernehmen. Jessi und ich bildeten von da an ein Team und ich war sehr glücklich darüber, sie hatte eine angenehme und positive Ausstrahlung. Gleich am kommenden Sonntag lud ich sie zu uns zu einem Spiele- und Kochabend ein. Sie war sehr interessiert an unserem Australienaufenthalt und ich zeigte Fotos von unserer hüpfenden Rasselbande in Victoria. Ich kochte Lasagne und es blieb nur ein sehr kümmerlicher Rest für Matzes Arbeitskollegen und seine deutsche Freundin, die erst nach 21 Uhr auftauchten. Wir spielten Wizzard und tranken leckeres Brauereibier. Am nächsten Tag stand auf dem Plan, wieder nach Wanaka zu fahren, diesmal um den nun reparierten und WOF zertifizierten Van mit nachhause zu nehmen. Ursprünglich hatte Matze gesagt, dass wir uns den Van einer Arbeitskollegin ausleihen dürften, doch als er ihr schrieb, kam keine Nachricht. Schließlich beschlossen wir, mit einem Bus bis einer Kreuzung außerhalb der Stadt zu fahren und dann unser Glück mit dem ausgestreckten Daumen zu versuchen. Wir warteten glücklicherweise keine 3 Minuten, bis uns ein nettes Pärchen aus Auckland mitnahm. Das Kennenlernen mit dem Inhaber des Vans lief gut und er wirkte ehrlich, wir bezahlten am Ende 5800 neuseeländische Dollar für ihn, dieselbe Summe wie damals für unseres Pajero in Australien- nur in einer anderen Währung. Diese große Entscheidung zelebrierten wir erstmal mit einem ausgiebigen Frühstück, danach gingen wir an den Strand und ich schwamm, Matze entspannte sich einfach in der Nachmittagssonne. Es stand nun fest, dass wir am 3.3. ausziehen würden, denn da kamen Emilies Eltern für eine Weile und würden in unserem Zimmer wohnen. So sehr ich meine Jobs auch mochte, all die Erzählungen von Gästen hatten mich hungrig auf Neuseeland gemacht und es war auf jeden Fall schöner, die Wanderungen und das Campen bei warmen Temperaturen zu genießen. Matze kaufte Material im Baumarkt und befasste sich mit der Elektrik, ich nahm mir vor, bei einigen Sachen mit zu helfen.