Reisefischer Kanada
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#41 Soziale Kontakte

Publicat: 20.05.2023

Grüße,

am Sonntag fing die Hitze so langsam an. Ich bin gegen elf Uhr bereits bei 28 °C losgefahren und da ich das Gefühl hatte, Zeitnot zu haben, bin ich etwas schneller gefahren. Daher war der Spritverbrauch bei solch einem Truck natürlich auch größer und ich wollte die Klimaanlage deshalb nicht nutzen. Allerdings war es dementsprechend heiß und bei sehr hohen Geschwindigkeiten will man eigentlich auch nicht die ganze Zeit das Fenster unten haben, außer man möchte sämtliche Ohrenschmerzen bekommen. Was man auf jeden Fall bekommt, ist ein einseitiger Sonnenbrand, da die Sonne mir die ganze Zeit nur auf meine linke Seite schien 😅 In der Stadt hatte ich noch ein paar Erledigungen zu machen, bevor es dann zum Flughafen ging und die Kundin abzuholen. Mittlerweile waren es über 30 °C und die Klimaanlage musste (auch aufgrund von Fisch, den ich mittlerweile im Truck hatte) genutzt werden. Die Kundin ist bisher die jüngste Kundin, die ich jemals bei einem Workshop hatte. Ich war richtig überrascht 😁 Sie kommt aus dem Osten Kanadas und entwickelt diese Dinger, die man in oder an einem Fisch oder Wal befestigt, um deren Routen zu verfolgen. Das bisher Coolste war, dass sie eine Art „elektrischen Zaun“ für Haie für die Badestrände in Australien entwickelt hat. Schwimmt ein Hai durch zwei dieser Sender, wird ein Alarm auf einer speziellen App ausgelöst, sodass der/die Besitzer*in der App gegebenenfalls weiß, dass er/sie vielleicht lieber nicht in das Wasser gehen sollte. Aufgrund des Stromimpuls ist es auch möglich, dass der Hai von selbst umdreht. Fand ich schon alles sehr interessant. Wir haben leider außer einem speziellen Vogel nichts gesehen. Lediglich ein Reh stand am Straßenrand. Wahrscheinlich ist es für die Wildtiere mittlerweile auch zu warm. 😅 David hat übrigens mit seiner Kundin an diesem Tag dezente acht (!) ACHT(!!!!) Bären gesehen. Damit zieht er mich jetzt immer auf.

Am Montag kam dann so der richtige Hitzehammer. Als ich kurz den Truck fahren musste, zeigte die Anzeige stolze 42 °C. 🥵Es war so brechend heiß und es war nicht eine Wolke zu sehen. Aber an diesem Abend am See konnte ich mal wieder die unfassbar schöne Natur genießen. Seitdem ich hier mit David zusammenarbeite, sieht man die Natur echt aus einem ganz anderen Winkel. Jedes Mal denke ich mir so: Oh ja, das ist ein schönes Motiv. Das Licht ist gerade perfekt. Puh, jetzt diesen Vogel fotografieren..... da wird sogar eine normale Möwe plötzlich ganz interessant. Ich bin mir tatsächlich nicht sicher, um welchen Vogel es sich handelt, da ich immer den Namen vergesse, aber ich denke, dass der „neuste“ Vogel hier eine Art Möwe ist. Sie kommt auf jeden Fall aus der Arktis und soll ziemlich selten sein, weiterhin soll sie zu den zehn schönsten fliegenden Vögeln gehören (laut David). Ist auch immer witzig, mit was sich Leute so beschäftigen, aber ja, irgendwann bewertet man die Vögel auch nach deren Flugverhalten. Als ich im Winter stundenlang im Zelt saß, wusste ich auch irgendwann aus Hunderten Metern Entfernung, dass dort ein Rabe fliegt oder das sich gerade einer hinter mir befindet, obwohl ich ihn nicht sehe, sondern nur höre. Was ich sagen muss: Ja, dieser neue Vogel fliegt halt wirklich echt schön, so dumm es auch klingen mag 😂 Aber der Flügelschlag ist so elegant, ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Ist aber vlt. auch besser so, klingt sowieso schon komisch genug 😅 Ein weiteres Motiv waren zwei männliche Enten, die sich gegenseitig gejagt haben. Das war auch witzig anzusehen. Das eine Männchen war die ganze Zeit in der Nähe des Weibchens und dann näherte sich ein anderes Männchen. Plötzlich hat das eine Männchen das andere unter Wasser gedrückt und dann sind sie erst Mal eine Weile nicht aufgetaucht und dann BÄM! Ohne Witz, es sah aus wie zwei Düsenjets, die in Formation fliegen. Diese beiden Enten schossen aus dem Wasser und flogen einen Kreis um mich drumherum und jagen sich dabei gegenseitig. Dazu dramatische Filmmusik und wir hätten eine richtig gute „Kampfszene“ 😂 Das eine Männchen hat dann auch aufgegeben und so konnte sich das andere Männchen entspannt wieder zu seinem Weibchen gesellen.

Am Dienstag wurde es über den Tag über wieder sehr heiß, doch gegen Mittag zogen doch tatsächlich Gewitterwolken auf. Stolze fünf Minuten hat es dann getröpfelt, ehe es dann nicht nur heiß, sondern auch kurzzeitig ziemlich schwül wurde. Mit dem Gewitter zogen auch Wolken auf, die doch sehr langsam und tief unterwegs waren. Ich dachte zuerst, dass es vielleicht das verdunstete Wasser aus den Wäldern ist, doch nach und nach wurde mir klar, dass es Rauch sein müsse. Und so haben wir die ersten Folgen eines Waldbrandes bei uns. Der Rauch. Auf der am Dienstag aktuellen Feuer- und Rauchkarte, konnte man erkennen, dass dieser Rauch aus dem Norden kommen müsse. Man hat wirklich minutiös mitbekommen, wie die Landschaft verschwand. Am Mittwoch war dann einfach gar nichts zu sehen. 😅 Lediglich die vorderen Berge konnte man dank der grünen Bäume noch erkennen. Tatsächlich hat es sich an dem Tag auch schon um gute zehn Grad Celsius abgekühlt, ob das auch ohne den Rauch wäre, weiß ich nicht. Aber auch wenn die Sonne nicht mehr ganz so stark durch den Rauch kommt, so waren es trotzdem noch über 30, aber halt nicht über 40 Grad Celsius. Was mir jedoch bei den Temperaturen auffällt: Meine Konzentration leidet enorm darunter. Also nach dem Mittag wird es echt schwer und die Müdigkeit schleicht sich ein. Da ist es sogar passiert, dass ich mich zweimal deutlich verschnitten habe. Einmal habe ich statt 196 Inches 169 Inches geschnitten und beim zweiten mal, habe ich gedacht, dass es 128 Inches wären, wobei es 138 Inches waren, na ja .... passiert den Besten 😁 Auch an diesem Abend saß ich dann wieder am See, um den etwas anderen Sonnenuntergang zu betrachten. Was mir allerdings aufgefallen ist, war, dass man keine Bewegung im Rauch gesehen hat. Man konnte es einfach nicht erkennen, er stand wie eine Wand vor uns. Was man an diesem Tag auch nicht gesehen hat, war der Himmel und auch wenn es natürlich ein trauriger Grund ist, aber die Sonne sieht dann ziemlich cool aus.

Donnerstag ging es noch etwas früher aus dem Bett, da ich eine Kundin zum Flughafen fahren musste. Auch wenn ich mit der Kundin keinen richtigen Kontakt hatten, haben wir, wenn sie mal über die Baustelle lief, kurz geschnackt und bei ihr muss man einfach immer lachen, das war wirklich eine ganz lebensfrohe Frau. Daher war auch die Autofahrt entspannt, außer dass ich sie einmal aus Versehen geweckt hatte, da ich nicht gesehen habe, dass sie weggenickt war. 😅 Eine Sache, die mir aber nach 1 ½ Stunden aufgefallen war: Der Rauch war immer noch da. Die gesamte Strecke, die über 200 km lang ist, war voller Rauch. Was muss das für eine riesen Rauchwolke sein? Und sie stand einfach, man hat absolut keine Bewegung gesehen, weder in den Bäumen noch irgendwo im Rauch. David hat mich dann auch gefragt, ob ich irgendwo stärkeren Rauch gesehen habe, da wir hier in der Nähe einen Waldbrand haben, aber nein...es war einfach alles gleich schlimm anzusehen und dabei sehe ich noch nicht mal das Feuer. Am Dienstag ist jedoch ein Feuer in Anahim Lake (wo ich letzten Samstag war) ausgebrochen, welches bereits nach kurzer Zeit außer Kontrolle geraten ist und bei Williams Lake sind auch zwei außer Kontrolle. Das Feuer, welches David meinte, ist unter Kontrolle und hat innerhalb von 13 Tagen „nur“ 203 Hektar Wald verbrannt ( also ganz Galileo mäßig, ca. 284 Fußballfelder). Als Vergleich: Das Feuer, welches am Dienstag bei Anahim Lake ausgebrochen ist, hat innerhalb von 24 Stunden eine Fläche von 160 Hektar verbrannt. Am Nachmittag wurde es dann plötzlich windig und man konnte den Himmel wieder sehen. Dieser Wind wurde immer intensiver, sodass der Rauch nach Norden wegzog. Das passt auch mit der Rauchvorhersage für die nächsten Tage. Es ist so krass zu sehen, wie großflächig dieser Rauch einfach ist.

Freitag hatten wir eigentlich wieder eine komplett freie Sicht, nur in weiter Entfernung sieht man, dass es etwas rauchig ist. Was jedoch mit dem verschwinden des Rauches zurückkam, war die brachiale Hitze. Es fühlte sich wieder wie + 40 °C an, wobei es „nur“ um die 35 °C waren. Sonst ist nichts Spannendes passiert. Nach der Arbeit wurde ich abgeholt, denn es ging nach Tatla Lake zum Sushi-Abend. Ich mag und esse keinen Fisch, aber es gab Alternativen. 😁 Also es ist echt verrückt, wie viele Deutsche in Tatla Lake und Umgebung wohnen. Wir waren mehr Deutsche als Kanadische am Ende. 😅 Es ist echt cool, neue Leute kennenzulernen. Wobei ich dann auch wieder dachte, dass es schade ist, dass ich sie nicht früher kennengelernt habe. Allerdings war es bis vor einigen Wochen ja noch etwas ungemütlich und davor Winter, da habe ich einfach nicht das Gefühl gehabt, irgendwen kennenlernen zu wollen. Jetzt in der sommerlichen Zeit fehlt mir das dann doch schon. Daher habe ich das in der Gruppe recht genossen. Gegen 21 Uhr ging es nach Hause und nun sitze ich wie fast jeden Abend am See, während ich diesen Block „beende“.

Es ist so schön. Neben mir schwimmt das Goldeneye Männchen mit seinem hart umkämpften Weibchen. Vor mir die fast klaren Berge und in ca. 200 Metern steht der Pelikan auf seinem Stein. Und ich hätte niemals, also wirklich niemals gedacht –ich habe mich vorher nicht wirklich über Kanada informiert. Wir war eigentlich nur wichtig, dass dort Englisch gesprochen wird, ich eine geile Landschaft habe und evtl. Bären & Elche sehe – aber ich hätte niemals gedacht, dass ich Pelikane oder Kolibris sehe. Ich bin jeden Tag so unfassbar dankbar. Heute erst wieder, als ich auf der Bank saß, sind mir die Kolibris so nahegekommen. Eigentlich essen diese Vögel nur im Fliegen, allerdings haben einige Futterstationen so etwas wie eine Reling, worauf sich die Vögel draufsetzen können und dann kann man diese Vögel auch mal so zehn Sekunden beobachten. Sie sind der Wahnsinn und faszinierend mich immer wieder, genauso wie der Pelikan. Das Problem, was mich jedoch immer wieder einholt, ist, ich kann solche Momente einfach nicht wirklich teilen. Kein Foto, kein Video und auch keine Sprachnachricht kann das vermitteln, was man sieht. Leider bekomme ich das mit den Sprachnachrichten nicht so gut hin, denn ich versende echt viele, in denen ich einfach erzähle, wie geil es hier aussieht. 😂 Um das zu unterbinden, habe ich jetzt angefangen, so dumm es auch klingt, einfach Sprachnachrichten für mich selbst aufzunehmen. Wie zum Beispiel der letzte Blogbeitrag oder auch dieser Abschnitt hier, den ich zwar am See gerade verbal aufnehme, aber erst später im Bett sozusagen „transkribiere“ .😅 Aber zurück zu der Aussicht:

Es ist so superschade, dass ich diesen Moment nicht teilen kann. Was ich mir bereits in meiner ersten Zeit hier in Kanada gedacht habe, war, dass ich einfach gerne ein paar Lehrer*innen hier (wo immer ich auch stand, während ich diesen Gedanken hatte 😁) für zehn – zwanzig Minuten hinstellen würde. Ich denke, da würde eine Menge Stress abfallen. Natürlich würde ich es jeden von euch gönnen, das zu erleben, aber das ist natürlich die Berufsgruppe, die mir am Herzen liegt ❤️😁 Ich habe auch ein wenig an meine ehemaligen Schüler*innen gedacht, gerade meine ehemaligen Elftklässler*innen, die sich aktuell natürlich sehr vorbildlich auf die mündliche Abiturprüfung vorbereiten! 😅🤓Gerade da ich dort zum Ende doch recht gute Gespräche hatte. Und ja, denen würde ich aktuell sagen, dass sie reisen sollen. Ihr seid noch so jung (also ich auch noch 😅), nutzt diese Chance. Wobei ich jetzt nicht drei Urlaubsflüge im Jahr meine, sondern eben für längere Zeit in einem Land, um dort eventuell in verschiedene Bereiche Einblicke zu erhalten und nebenbei die Sprache und Kultur kennen lerne zu können. Und ey, ob ich nun mit 16. oder 18. Jahren meine Ausbildung oder mit 18. oder 20. Jahren mein Studium anfange, das macht den Braten nun auch nicht fett.

Aber ja, es ist jedoch auch so, dass es irgendwann, ich würde nicht sagen „öde“, aber irgendwie ... keine Ahnung .... aber ich würde dann halt gerade einfach gerne mit jemanden hier sitzen und quatschen. Also ich würde quatschen und die Person hört einfach nur zu, wie ich diese Aussicht beschreibe. 😅 Und da fehlen die sozialen Kontakte dann doch schon etwas.

Nichtsdestotrotz bin ich unfassbar dankbar. Das ist ein absolutes Geschenk und ich weiß, dass das immer dumm klingt, wenn ich das hier „schreibe“, aber ich bin so unfassbar dankbar auf mein altes Ich, dass ich damals den Schritt gewagt habe. 😅 Das ich das hier einfach erleben darf. Die Natur ist so unfassbar schön! Wir haben nur diesen einen Planeten und diese eine Natur und die sollten wir schützen.

Dein Samuel

P.S. Blog kommt erst Samstag. Da habe ich doch glatt meine WLAN freie Kabine vergessen. 😂 Schönen Samstag dir! 😊

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