Publicat: 07.02.2023
Gleich in der Früh mietete ich wieder ein Moped und fuhr damit zu den etwa 40 km entfernten Ruinen von My Son. Auf dem Weg dorthin hielt ich bei einem kleinen Café für einen Ca Phe Sua. Als ich die Terrasse betrat, saßen schon ein paar Männer an den Tischen. Sie blickten mich mit einer Mischung aus Neugier und Verwunderung an, was mich aber nicht davon abhielt, mir meinen Kaffee zu bestellen.
My Son waren Tempelanlagen und damaliges Zentrum des Königreichs Champa, die zwischen dem 4. und 13. Jahrhundert errichtet wurden. Seit 1999 zählt My Son zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Es liegt eingebetet in ein Tal mitten im Dschungel. Die Champa hatten diesen Platz ausgewählt, weil sie einem angrenzenden Berg und einer Quelle dort einen Heiligenstatus zusprachen. Allein schon das grüne Dickicht, welches einen umgibt, ist eindrucksvoll.
Die in den 1890ern von Franzosen wiederentdeckten Anlagen wurden aus roten Ziegeln errichtet und mit zahlreichen Reliefs und Statuen verziert. Bis heute ist es Forschern ein Rätsel, wie die Ziegel ganz ohne Mörtel über die Jahrhunderte zusammen gehalten haben. Für die Restauration der Anlagen wird heute auf einen Kleber zurückgegriffen.
In den 1970ern bombadierten die Amerikaner die Stätte. Der Haupttempel der Anlage wurde dabei massiv zerstört. Immernoch sieht man die Krater, wo einst die Bomben eingeschlagen hatten.
Noch heute gibt es Vietnames:innen, die zum Volk der Cham zählen und hauptsächlich im Süden Vietnams leben. Im 1-Stunden-Takt wurde auch eine kleine Tanzaufführung dargeboten. Laut einem Guide gehören die Tänzer:innen selbst dem Volk der Champa an.
Der Rückweg führte mich wieder über die Hauptstraßen nach Hoi An.
Dort angekommen, wollte ich mir noch ein paar Minibananen zum Mittagessen kaufen. Die Verkäuferin wollte zuerst, dass ich sie fotografiere. Als ich dann meine Bananen bestellte, fing sie an nich weiteres Obst in die Tasche zu packen und verlangte einen exorbitanten Preis. Ich verneinte und fing an, das Obst von der Tasche wieder zurück in die Körbe zu legen. Schlussendlich einigten wir uns über einen halbwegs fairen Preis für die Bananen. Einen fahlen Nachgeschmack hinterließ dieses Intermezzo bei mir trotzdem. Die Bananen selbst waren köstlich und süß.
Nach meinem Mittagessen nutzte ich noch das mir zur Verfügung stehende Moped. Mein Ziel war der Strand von Ha My. Diesen zu finden grenzte fast schon an ein kleines Abenteuer. Aufgrund der sich aneinanderreihenden Baustellen für Luxushotelkomplexe schien es schier unmöglich, einen Zugang zum Strand zu finden. Irgendwann wagte ich es, bei einem Schild mit der Aufschrift „Hoi An Seaside Homestay“ in eine winzig kleine Gasse einzubiegen. „Seaside“ klang schon einmal vielversprechend. Die Gasse wurde immer enger, bis nur noch von einem zementierten Trampelpfad die Rede sein konnte. Wer nichts wagt, der nicht gewinnt. Schlussendlich wurde ich mit einem Ausblick auf den Strand belohnt. Ein winziges Strandcafé hatte dort ein paar Strandliegen aufgestellt. Das Café selbst schien geschlossen zu haben. Es gab jedoch auch keine Einwände, als ich mich auf einer der Liegen niederließ.
Bei einem Strandspaziergang sah ich mir die noch leeren Hotelbunker an. Es hat fast etwas postapokalyptisches, diese Bauten zu sehen. Sie wirken so gut wie fertig gestellt. Lediglich das Interieur und die zahlenden Gäste scheinen noch zu fehlen. Ein Guide hatte mir einmal erzählt, dass der Tourismus hier sehr unter der Pandemie zu leiden hatte. Viele Investitionen wurden vor der Pandemie getätigt. Nun scheint es unklar, ob mit dem touristischen Ansturm, den man sich vor Corona erwartete, überhaupt noch zu rechnen ist.
Zu meinen Füßen im Sand lagen tausende von kleinen hellen Muscheln. Ich erinnerte mich an die Urlaube meiner Kindheit, als wir an italienischen und griechischen Stränden Stunden damit zubrachten Muscheln zu sammeln. Eine vollständige Muschel zu finden war damals ein Glücksgriff. Nun sah ich mich umgeben von dem Urlaubsgold meiner Kindheit.ich fragte mich, ob das Muschelsuchen in Anbetracht der schier unendlichen Auswahl mir als Kind genauso viel Spaß gemacht hätte. Manchmal ist es doch gerade die Seltenheit, die etwas Alltägliches zu einem Schatz macht.