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Von Hippiestränden, Gauchos und Weltwunder-Wasserfällen: Montevideo bis Iguazú!

Publicat: 15.04.2017

Von Buenos Aires aus fuhren wir mit der Fähre rüber nach Colonia in Uruguay. Da die Argentinier irgendeinen komischen Feiertag feierten, waren fast alle Fähren und Busse schon ausgebucht, weswegen wir erst abends die Überfahrt starten konnten und keine Zeit mehr für das schöne Kolonialstädtchen Colonia hatten. Mitten in der Nacht waren wir dann aber endlich in unserem hübschen Hotel in Montevideos Altstadt, wo am nächsten Morgen Steffi und Thilo landen sollten. Ja, es blieb leider bei „sollten“ denn schon nachts schrieb mir Steffi, dass ihr Flug in Madrid um einen Tag verschoben wurde und sie erst Samstagabend in Montevideo landen würden. So machten wir uns allein auf zu einer Erkundungstour durch Uruguays Hauptstadt. Wir besuchten das Museum über den Flugzeugabsturz 1972 in den chilenischen Anden, mit einem uruguayischen Rugbyteam an Bord. Die 16 Überlebenden harrten 72 Tage in eisiger Kälte aus und wurden in unseren Medien vor allem dadurch „bekannt“, weil sie ihre verstorbenen Freunde aßen, um zu überleben. Im dem sehr interessanten Museum, dessen Initiator fließend Deutsch spricht und mit vielen der Überlebenden befreundet ist, wird das Unglück sehr gut aufgearbeitet und die vielen Originalartefakte und Fotos machen einem die tragische Geschichte sehr gut nachempfindbar.

Danach schlossen wir uns mal wieder einer Freewalkingtour an, deren Guide uns im Sekundentakt zum Lachen brachte. Er verstand es, uns die Verrücktheit Uruguays auf sehr ironische und lustige Art zu erklären, hier die besten Fakten:

- In Uruguay leben nur 3,3 Millionen Menschen (die Hälfte davon in Montevideo) … aber 13 Millionen Rinder.

- Uruguayischen Eltern ist es herzlich egal, welche sexuelle oder politische Gesinnung ihr Kind hat (in Uruguay ist Homosexualität schon seit 1934 legalisiert!!) ABER es soll bitte kein Vegetarier werden, das würde den Eltern das Herz brechen. Fleisch essen ist für die Uruguayer eine Pflicht, denn sie helfen damit ihrem Land, das zum Großteil von der Fleischindustrie lebt.

- Wir waren das allgegenwärtige „Mate-Trinken“ ja schon aus Paraguay und Argentinien gewöhnt, aber die Uruguayer toppen alles. Die Thermoskanne und Guampa sind ÜBERALL und um das Wasser schön warm zu halten, gibt es sogar Handgelenksuhren mit eingebautem Flammenwerfer! Die Guampas hier sind auch doppelt so groß, die Bombillas doppelt so lang und das Matepulver doppelt so stark wie wir es bisher kannten.

- Uruguay ist das liberalste Land des Kontinents. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist seit 1931 in der Verfassung verankert, 2013 wurde Cannabis vollständig legalisiert und sowieso darf hier eigentlich jeder das tun, worauf er Lust hat. Die Uruguayer sind sehr friedliebend und es wird niemand diskriminiert sondern ALLE werden willkommen geheißen. Für nur 6 US-Dollar kann man sich die uruguayische Staatsbürgerschaft kaufen und dann in diesem schönen Land sein Glück finden, Platz gibt es ja genug 😊

- Damit sich niemand aufgrund seiner Religion ausgeschlossen fühlt, wurden fast alle christlichen Feiertage umbenannt, so heißt Weihnachten jetzt „Fest der Familie“ und Ostern „Woche der Touristen“. Es gibt hier auch die wildesten Feiertage, die aus sämtlichen Religionen zusammengewürfelt sind, z.B. gibt es einen Tag, an dem eine afrikanische Meeresgöttin verehrt wird, damit alle einen freien Tag am Strand genießen können.

- Jedes Schulkind erhält einen Laptop geschenkt und die Familie bekommt einen kostenlosen Internetanschluss. Uruguay hat auch die höchste Alphabetisierungsrate der Welt!

- Jeder, der ein Selfie mit dem Präsidenten möchte, hat täglich gegen 16.30 Uhr dazu die Möglichkeit, denn der Herr Präsident muss von seinem Regierungssitz (der absolut unspektakulär aussieht) zu seinem 3 Blocks entfernten Auto laufen, da es keine Tiefgarage gibt. Gefährlich sei das nicht, denn wer kennt denn schon den Präsidenten von Uruguay?!


Abends kamen dann auch endlich Steffi und Thilo an und so gingen wir erstmal lecker Essen und auf den gemeinsamen Urlaub anstoßen! Die beiden hatten vom Flughafen gleich unseren „Mietwagen“, ne wirklich olle Kiste, an der eigentlich nichts mehr so recht in Takt war, mitgebracht und so konnte unser Roadtrip entlang der Küste beginnen.

Die erste Station war Punta del Este, der Schickimicki-Hipster-Party-Promi-Ort, an dem nicht nur Shakira regelmäßig ihre Hüfte kreisen lässt. Mit dem restlichen Uruguay hat diese Retortenstadt eigentlich nichts gemeinsam, wir hatten uns aber bei einer sehr netten jungen Familie etwas außerhalb in einem umgebauten Container eingemietet und machten einen schönen Ausflug nach Punta Ballenas ins Museum des berühmten Malers Carlos Páez Vilaró, chillten natürlich erstmal ausgiebig am Strand und genossen die gemeinsamen Abende mit Kochen, Bier und Wizard spielen!


Unsere nächste Unterkunft bereitete Steffi schon seit ihrer Ankunft große Sorgen. Über Airbnb ist sie auf „Das Flaschenhaus“ gestoßen, das Thilo und mir sofort gefiel und gegen Steffis Willen gebucht wurde, was absolut die richtige Entscheidung war!! Die Kommunikation vorab trieb die arme Steffi aber fast in den Wahnsinn, denn der Besitzer gab als Adresse nur „bei Kilometer xy rechts abbiegen und im Wald beim Restaurant nach dem Schlüssel fragen“ an. Für Steffi war das natürlich keine adäquate Adressangabe und so nervte sie den armen Vermieter mit zig SMS und uns mit ihrer Panik, dass wir das Haus nie und nimmer finden würden.

Die Fahrt zum Flaschenhaus verlief dann aber mehr oder weniger problemlos, typisch uruguayisch! Thilo bugsierte uns zwar zunächst aufgrund mangelnder Spanischkenntnisse in einen Sack-Strandweg, an dessen Ende wir aber eine wunderschöne verlassene Lagune entdeckten und als wir dann schließlich auf der richtigen Routa waren und am Kilometerstein xy wirklich ein Schotterweg rechts ab ging, waren wir schon sehr siegessicher, Steffi blieb aber weiterhin skeptisch, da ein Tor unsere Fahrt abrupt beendete und weit und breit kein Flaschenhaus zu sehen war. Steffi war auf 180 und wollte den armen Vermieter schon am Telefon anschreien, als Tömmi und ich ein total verblichenes Überbleibsel eines Schildes am Tor entdeckten, auf dem zu lesen war, dass man das Tor wegen der Schafe bitte wieder schließen soll. Also pfriemelten wir das Tor auf und machten uns zu zweit zu Fuß auf die Suche nach dem Flaschenhaus, da wir weder einen Wald noch ein Restaurant entdeckten, um den Schlüssel zu holen. Wir wurden zwar nicht gleich fündig, aber ein netter Hippie, der sich gerade ein „Haus“ aus alten Kirchenfenstern baute, wusste sofort Bescheid und half uns. Mit allen nötigen Infos stapften wir zurück zu Steffi und Thilo, ich schnappte Steffi und nach einem kurzen Marsch durch eine Hanfplantage (das sollte vermutlich der „Wald“ sein) kamen wir zu besagtem Restaurant, das aus 3 Hippies mit Hunden und einer Kochplatte bestand 😊 Dort erhielten wir die Antwort, dass es keinen Schlüssel gäbe, sie uns aber den Weg zum Haus zeigen könnten. Begleitet von 5 Hunden folgten wir der Pluderhosen-Señorita auf ihrer Motocross-Maschine hinterher über Dünen und durch Kuhherden immer dem Meer entgegen, bis wir endlich vor dem Flaschenhaus standen. Steffi war bis dahin zwar kurz vor einem Nervenzusammenbruch, aber beim Anblick unserer geilen Hippiebude begann auch ihr Herz zu hüpfen. Das Flaschenhaus trägt seinen Namen aufgrund der verwendeten Glasflaschen, die ins Mauerwerk eingesetzt wurden. Strom gibt’s über ein Solarpanel und Wasser wird mittels einer elektrischen Pumpe erst in einen Kanister und dann ins Haus gepumpt, Gasherd, Grill und Hängematte mit Meerblick sahen tiptop aus und es gab 4 Betten, was wollten wir mehr. Die nächsten Nachbarn waren kilometerweit entfernt und so gab es nur uns, das Haus, Strand, viel Wind und Meer! Zusätzlich wurde uns unser Aufenthalt noch von einem herzigen Schäferhundmädchen versüßt, das wir sofort ins Herz schlossen.

Im Flaschenhaus bestand der Tagesablauf eigentlich nur aus Strandspaziergängen mit Hund, ausgiebigem Stöckchenwerfen, bzw. versuchten wir, es dem Schnuffel beizubringen, Fahrten ins nächste Dorf um für die abendliche Grillage einzukaufen und viel Bier und Aristócatra trinken. Gegrillt wird in Uruguay übrigens ausschließlich auf echtem Holz, so etwas wie Grillkohle kennt man hier nicht! Leckere Steaks mit viel Gemüse und den wohl leckersten Maiskolben der Welt, O-Ton Steffi: „I love the Kolben!“, zauberten uns wunderbare Abendessen.

Ein Ausflug nach Cabo Polonio war dann aber noch drin, und so schwangen wir uns auf einen alten Truck und rumpelten über die Wander-Sanddünen in das wohl bekannteste Hippiedorf Uruguays. Nach Cabo Polonio kommt man nur mit diesen alten Trucks, denn das Dorf liegt mitten im Naturschutzgebiet. Dort leben 95 Einwohner, die sich vorwiegend mit Solar- und Windenergie versorgen und entweder vom Fischfang oder den Touristen leben, die sich hier vor allem in der Hauptsaison tummeln. Im Sommer kann man hier sehr schön die vorbeiziehenden Wale und Delfine beobachten, da wir aber zur falschen Jahreszeit da waren, mussten wir uns mit der Seelöwenkolonie begnügen.

Der Abschied vom Flaschenhaus fiel uns sehr schwer aber Steffis Geburtstag wollten wir in Punta del Diabolo mit etwas mehr Zivilisation verbringen.

Punta del Diabolo liegt schon sehr nah an der brasilianischen Grenze, was uns die besten Strandcaipis ever bescherte. Viel mehr als am Strand mit Cocktails rumlümmeln und im Meer mit den wilden Wellen planschen haben wir auch eigentlich nicht gemacht. Die Strände dort sind endlos und dank der Nebensaison war kaum eine Menschenseele dort, abgesehen von ein paar Surfern und Hunden. In welchem Büdchen es die besten Lebensmittel gab, hatten wir auch schnell rausgefunden und so wurde wieder lecker gegrillt, Seafood geschlemmt und auf Steffis Geburtstag angestoßen. Da wir Steffi seit ihrer Ankunft schon in die hohe Kunst des Mate-Trinkens eingeführt und Dank des Kaffeemangels auch ein bisschen abhängig gemacht hatten, kam die pinke Einhorn-Mate-Komplettausstattung zum Geburtstag sehr gut an.

Nachdem unsere Haare vom Wind und Salzwasser verfilzt und unser Auto ordentlich Sand im Getriebe hatte, ging es zurück nach Montevideo mit einem Zwischenstopp in einer kleinen Meerestiere-Rettungsstation. In der Hauptstadt hatten wir ein schickes Hotel direkt am Busbahnhof gebucht, von wo aus es am nächsten Morgen auf nach Tacuarembó ging, der Stadt der Gauchos. Genau da wollten wir auch hin, auf eine sehr authentische Gauchofarm mitten in der Pampa, aber natürlich nicht ohne sämtliche Akkus und Geräte vorher nochmals aufgeladen zu haben, sollte es doch auf der Gauchoranch nur wenig Strom geben.

Pedro, unser kugelrunder und herzenslieber Gastpapa war am Busbahnhof, an dem wir uns wieder mal wie im Zoo vorkamen, da wir eindeutig als Gringos herausstachen, nur schwer zu übersehen, denn er erwartete uns in gauchotypischer Kluft mit „bombacha“, einer vor Dreck stehenden Pumphose mit breitem Gürtel, weit aufgeknüpftem Hemd über der silbernen Brusthaarmähne und natürlich der schiefen Schlappmütze, genannt „boina“. Rein ins 4x4-„Camioneta“ und ab in die Pampa. 50 Minuten später waren wir dann endlich angekommen, auf „Yvytu Itaty“, was von Guaraní übersetzt „Wind und Steine“ bedeutet. Schon auf der Fahrt erklärte und zeigte uns Pedro viel über seine Ländereien, die weiter reichten als unser Auge es erfassen konnte. Die Zahlen die er bezüglich Landbesitz sowie Rindern, Schafen, Pferden, Eseln usw. nannte, waren so groß, dass ich mir sie nicht merken konnte! Eine kleine Vorstellung der Größe dieser Estancia bekamen wir dann an den nächsten Tagen, als wir nur einen kleinen Bruchteil abritten, aber dazu gleich mehr.

Von unserer Gastmama Nahir, einer Seele von Mensch, wurden wir erstmal mit frisch gebackenem Kuchen, hausgemachter Dulce-de-Leche-Creme (Karamellcreme der allerfeinsten Sorte und Nationalspeise in Uruguay) und frischem Kuhmilch-Kaba begrüßt, bevor wir unser schnuckeliges Vierbettzimmer bezogen. Dann wurden noch schnell die Besonderheiten der Solar- und Windstromversorgung erklärt, ebenso wie die Warmwasserversorgung über einen Holzofen, auch gekocht wird hier ausschließlich über Feuer.

Wir fühlten uns gleich sehr wohl, machten Bekanntschaft mit Tobby, dem noch sehr jungen und verspielten Hütehund, sowie einem ganz lieben Esel, der mit uns ein bisschen Spazieren lief.

Beim leckeren Abendessen lernten wir dann auch Sohn Mathi kennen, der die Farm inzwischen leitet und nebenbei aber noch bei einer Viehzucht-Firma in Tacuarembó arbeitet, wo auch seine Familie lebt. Nahir erzählte, dass auch sie lange getrennt von Pedro leben musste, damit die Kinder zur Schule gehen konnten, denn von der Farm braucht man mindestens eine Autostunde bis zur nächsten Schule, das geht auf Dauer nicht. Beim Abendessen merkten wir dann auch gleich, warum sowohl Pedro als auch Sohn Mathi so gut beleibt waren, Nahir ist eine fantastische Köchin!!

Am nächsten Morgen gingen wir dann in die Gauchoschule, auf dem Lehrplan stand Kuh melken und Reiten, mein größter Horror! Beim Kuhmelken hat nur Tömmi das Gauchodiplom bekommen, die anderen blieben auf der Gringostufe, obwohl die Kuh von Pedro nochmals mit Futter bestochen wurde, um unsere ungeübten Finger über sich ergehen zu lassen. Anschließend wurden die Pferde gesattelt und zugeteilt: die heißblütige Ponydame Manscha war für Tömmi gedacht; Steffi bekam ein besonders stures Exemplar, mit dem sie sich nicht so recht anfreundete, weswegen sie auch den Namen vergessen hat; Thilo durfte auf den großen Schimmel Bonbon und ich hatte großes Glück, denn die brave Susanna brachte sogar mich Pferdemuffel dazu, ein wenig Spaß am Reiten zu haben. Nachdem uns das „Lenken“ und „Gasgeben“ erklärt wurde gings los, über Hügel, durch Rinderherden, durch ausgetrocknete Flussbetten und eine endlose Graslandschaft. Der erste Ausritt war sehr gemächlich, denn Steffis stures Pferdchen musste mehrmals mitsamt Steffi abgeschleppt werden, wollte es doch einfach keinen Schritt mehr gehen. Aber Mathi und Tobby hatten stets alles im Griff und waren sehr geduldig mit uns. Tömmi hatte aber auch hier wieder die Nase vorn, denn er und seine Manscha sausten immer nur an uns vorbei, bzw. sauste Manscha und Tömmi musste zusehen, sich irgendwie auf seinem Pony zu halten. Bei so viel Galopp löste sich Tömmis Sattel auch immer wieder und musste mehrmals nachgezogen werden, was Tömmi eine kleine Verschnaufpause verschaffte. Wir anderen fielen aber vor lauter Lachen fast vom Pferd, wenn Tömmi wie ein nasser Sack auf Manscha mal wider vorbeigesaust kam, er uns aber weismachen wollte, er habe die Körperspannung eines Ludger Beerbaum!

Anmerkung von Tömmi: An dieser Stelle muss ich insistieren, denn ein Ludger Beerbaum ist mir gänzlich unbekannt und meine Kumpeline Manscha hörte ganz ausgezeichnet auf mich. Vielmehr waren meine Worte: „Ich habe die Körperspannung des Todes“, nicht nur weil ich mit gefühlten 50 kmh durch die Prärie flitzte und dann doch von Zeit zu Zeit einen Anflug von Todesangst bekam, wenn ich mich kaum mehr im Sattel zu halten vermochte. Es sei mir verziehen, dass ich bei solch hohen Geschwindigkeiten nicht bolzengerade auf meinem Pferdchen saß, wollte ich doch nicht meine Achterbahnfahrt durch unnötigen Luftwiderstand bremsen. Allerdings muss ich eingestehen, dass ich nicht nur die Körperspannung, sondern auch den Muskelkater des Todes hatte, denn auf einem Sportpferd wie Manscha macht nicht nur das Pferd ganzheitlichen Sport, sondern auch der ungeübte Reiter. Mathi und Pedro übergaben mir jedenfalls unabhängig voneinander das zweite Diplom, indem sie mich zum echten Gaucho kürten. Wer weiß, vielleicht mache ich noch eine zweite Karriere. Zumindest hab ich gute Lust bekommen, öfters auf ein Pferdchen zu steigen.


Wir „halfen“ Mathi und Pedro dann noch beim Schafe treiben, bzw. versuchten wir es, wobei wir eher Mathis Reitkünste bewunderten und wie er mit verschiedensten Lauten und Schnalzern seine Tiere unter Kontrolle hatte.

Am letzten Tag lief dann alles schon viel geschmeidiger, wobei Tömmi über Komplettkörperschmerzen klagte und Steffis Pferdchen nun wirklich gar keinen Schritt mehr laufen wollte. Wir ritten zur der Estancia von Pedros Onkel, Pedro folgte uns mit dem Auto um uns mit Wasser zu versorgen und steckte mir auf halber Strecke eine Bambusrute zu, die ich nur ganz leicht auf Susanna auflegen musste, um auch bei ihr mal den Turboantrieb zu zünden. Auch Thilo hatte inzwischen den Dreh raus und galoppierte sehr galant auf Bonbon der Sonne entgegen. Tömmi wurde auch wieder kräftig durchgeschüttelt, nur die arme Steffi stand mehr, als dass sie sich mit ihrem Pferdchen fortbewegte. Also machten wir einen Tausch, ich stieg zu Pedro ins Auto um Fotos zu machen und zu filmen und Steffi durfte auf Susanna nach Hause flitzen. Alle waren glücklich über die schöne Zeit in unserer tollen Gastfamilie, die sich wirklich rund um die Uhr um uns kümmerte. Dementsprechend schwer fiel uns auch der Abschied, aber wir mussten weiter Richtung Salto, um von dort aus zu den Iguazú-Wasserfällen zu fahren.

Die kurze Nacht in Salto, der Grenzstadt zu Argentinien, verbrachten wir in einer schönen Cabaña mit eigenen Thermalwasserpools, was unseren von den Pferderücken geschundenen Gliedern sehr gut tat. Leider entschieden sich Thilo, Tömmi und auch Steffi bei der Wahl ihres Abendessens für einen Chivito mit nicht mehr ganz so frischem Fleisch und/oder vergammelter Mayo und wurden am nächsten Tag von Montezumas Rache heimgesucht. Wenn wir an dem Tag ein Dach über dem Kopf bzw. in diesem Fall besser eine Toilette in nächster Nähe gehabt hätten, wäre das nicht allzu schlimm gewesen. Doch genau dieser Tag war unser einziger Durchreisetag, den wir am Bahnhof in Salto, im Bus nach Concordia, am Bahnhof im potthässlichen Concordia und 12 Stunden im Bus nach Iguazú verbrachten. Der Grenzübertritt verlief diesmal "fast" reibungslos, wären da nicht die Hundeleckerlies gewesen, die Steffi und ich für die süßen Strandhunde gekauft hatten. Die Packung Hundefutter hatte ich nämlich im Außennetz meines Rucksacks verstaut, um möglichst flott dranzukommen, nur leider war der einzige Hund, der uns an diesem Tag begegnete, der Zoll-Drogenspürhund! Ihr könnt es euch sicher schon denken: Der schwarze Drogenspürschnuffel sprang in den Gepäckraum des Busses, um seinen Job zu machen und stürzte sich wie ein wildes Tier auf meinen Rucksack, kläffte und jaulte, woraufhin die Zollbeamten 1 und 1 zusammenzählten und mich mit meinem Gepäck in ein Nebenzimmer baten. Dort wurde dann versucht, den Rucksack zu scannen, die Maschine wollte aber einfach nicht starten. Also wurde ich gemustert und ich ergriff die Chance, in bestem Spanisch zu erklären, dass ich nur Hundefutter zu schmuggeln versuchte. Die Zöllner sahen sich kurz an, entdeckten die böse Packung Hundeleckerlies und brachen in schallendes Gelächter aus. Dem winselnden Hund wurde die dicke Wampe getäschelt und dem Busfahrer zugerufen, er könne den Motor starten, die "chica" hätte nur "comida por el perro" im Gepäck. Auch die gesamte Busgesellschaft kippte vor Lachen fast um und weiter gings in die argentinische Grenzstadt Concordia :-) 

Die 3 Kranken hingen dann am Bahnhof nur so rum wie ein Schluck Wasser in der Kurve und taten mir sehr leid. Als dann der Nachtbus nach Iguazú auch noch über 2 Stunden Verspätung hatte und uns während der sehr zähen Wartezeit mindestens 1000 mal ein Sandwich-Verkäufer seine „Sanduchees“ (Thilo verstand immer „Tango-Cheese“ und wurde dabei fast wahnsinnig) feilgepriesen hatte, was mit lädiertem Magen natürlich das Allerletzte ist, was man sehen möchte, war bei allen erstmal die Luft raus. Endlich im Nachtbus gab es aber wenigstens für mich noch ein Highlight, denn die 3 Magenkranken verschmähten das leckere Mousse-au-chocolat und eine Tarte, die uns vom Busbegleiter kredenzt wurden, womit mehr für mich blieb 😉

12 Stunden später waren wir dann im tropischen Iguazú und bezogen eine tolle und riesengroße Cabaña. Nach einem ausgiebigen Erholungsschläfchen und Aufstocken der Lebensmittel, inzwischen waren alle wieder einigermaßen fit, besuchten wir noch ein Hilfszentrum für verletzte oder misshandelte Dschungeltiere. Es war sehr schön zu hören, dass sehr viele der Tiere wieder ausgewildert werden können. Da wir hier zu viert mit einem Taxi günstiger unterwegs waren, als mit dem öffentlichen Bus, machten wir gleich am ersten Tag mit „unserem“ Fahrer Viktor Bekanntschaft und blieben ihm auch für die nächsten Tage treu, an denen wir die berühmten Wasserfälle von der argentinischen und brasilianischen Seite bestaunen wollten.

Zuerst war die argentinische Seite dran, wo man die Möglichkeit hat, sehr nah an einige der über 270 Wasserfälle heran zu kommen. Nah dran war uns aber nicht nah genug, also buchten wir eine Speedboatfahrt direkt in die Wasserfälle. Zuerst nähert man sich den herabstürzenden Wassermassen über einige Aussichtsplateaus, von wo aus man schon wunderschöne Blicke auf das Naturweltwunder erhaschen kann. Richtig geil wurde es dann im Speedboat, als wir viermal mit voller Fahrt unter einigen der Wasserfälle durchrauschten und bis auf die Unterhose klatschnass wurden. Das war schon gewaltig, mit welcher Wucht einem das Wasser da ins Gesicht schlägt und es wird einem mal wieder bewusst, wie klein und zerbrechlich der Mensch doch ist.

Mit einem Strahlen im Gesicht machten wir dann zurück am Festland erstmal ein Umzieh-Päuschen, also Steffi und ich, denn die Herren der Schöpfung hatten am Morgen wohl nicht richtig zugehört und keine Wechselklamotten eingepackt. Tömmi jammerte in ein Loch hinein, was ich wegen des tosenden Wassers aber zum Glück überhörte, Thilo nahm das ganze schon sportlicher, wenngleich auch 10 Kilo schwerer, da sich seine lange Jeanshose so richtig mit Wasser vollgesogen hatte. Beim Trockenlegen erwartete uns dann schon die nächste Überraschung, auf die ich nun schon seit 8 Monaten warten musste: Nasenbären!!! Hier Coatí genannt, wuselten die niedlichen Bärchen inmitten der Touris umher, auf der Suche nach Essbarem, Taschentüchern oder auch Spitzenunterhöschen, wie Steffi plötzlich zu spüren bekam, als ein besonders freches Exemplar versuchte, ihr die Tüte mit der frischen Unterhose zu entreißen 😊 Die Nasen der Tierchen sind nicht umsonst Teil des Namens, denn schon von Weitem riechen sie, in welchem Rucksack sich Leckereien befinden und so dauerte es nicht lange, bis sich 4 Coatís über meinen Rucksack her machten, um an mein Vespéro zu gelangen. Ich hätte diesen putzigen Kerlchen stundenlang zuschauen können und schmiedete schon Pläne, wie ich am besten eines mit nach Hause nehmen könnte.

Auf der argentinischen Seite der Wasserfälle fährt ein Bummelzug zu den verschiedenen Aussichtspunkten und so machten wir uns wie Jim Knopf auf den Weg zum Teufelsschlund, dem „Garganta del Diabolo“, einem u-förmigen Wasserfallsystem in einer 700 Meter langen und 150 Meter breiten Schlucht. Hier prasseln über 7000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde 82 Meter in die Tiefe, atemberaubend!!

Der Mythos der Guaraní erklärt das Naturspektakel als Werk des vor Eifersucht rasenden Gottes Mboi, der in Form einer Riesenschlange jedes Jahr eine Jungfrau verlangte. Eine Auserwählte schaffte es jedoch, mit ihrem Geliebtem flussabwärts zu fliehen, woraufhin Mboi eine riesige Schlucht in das Flussbett schlug. Die Seele des Mädchens blieb als Felsen am Fuße des Wasserfalls gefangen, ihr Geliebter verwandelte sich in einen Baum am Ufer, von wo aus er diesen Felsen für immer im Auge behielt.

Leider setzt die illegale Abholzung dem Nationalpark immer mehr zu, denn durch die fehlenden Bäume gibt es immer mehr Bodenerosion und somit wird immer mehr Urwaldboden weggespült, was auch die bräunliche Farbe des Wassers erklärt.

Wir waren ja von der argentinischen Seite schon hellauf begeistert und waren nicht ganz sicher, ob es sich lohnt, die brasilianische Seite auch noch zu besuchen. Wir hatten aber von einem tollen Vogelpark dort gehört und da der Eintritt in Brasilien viel günstiger war, entschieden wir uns dann doch dazu. Es war die absolut richtige Entscheidung! Erst auf der brasilianischen Seite werden einem die Ausmaße des Weltwunders so richtig bewusst. Man wird mit wunderschönen Panoramablicken und zahlreichen Regenbogen belohnt, traumhaft schön!

Nach ausgiebigem Fotoshooting liefen wir in den Vogelpark, in dem zahlreiche tropische Vögel in sehr großzügigen Volieren zu Hause sind. Hier übte sich Tömmi mal wieder in der hohen Kunst der Vogelfotografie und wir genossen den Anblick der schönen Tiere, die wie gemalt aussahen. Vor allem die Tukane hatten es uns angetan, die mit ihrer wunderschönen Maserung so schön irreal aussahen, dass man fast vergessen hätte, dass es ich um lebende Tiere handelt, hätten sie nicht immer mal wieder nach einem gepickt.

An unserem letztem gemeinsamen Abend gingen wir nochmals gemeinsam Essen. Bei gutem Wein ließen wir uns das Beste schmecken, was die argentinische Küche zu bieten hat, Thilo schwebte mit einem 600 Gramm Kalbssteak im Himmel und wir anderen gönnten uns ein leckeres 3-Gänge Menü. Was für ein gelungener Abschluss unserer tollen gemeinsamen Tour!

Steffi und Thilo machen nun noch ein paar Tage Buenos Aires unsicher, Tömmi und mich zieht es nochmals nach Paraguay, bevor wir Südamerika dann „Adios“ sagen und nach Mittelamerika fliegen.

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