Im Kojteich
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Kōbe - Tag 1 - Steaks 'n Cash

Veröffentlicht: 06.04.2023

Letzter Spaziergang durch Osaka

Ich stehe unter der heißen Dusche, denke nach. Heiße Duschen sind dafür der perfekte Ort dafür. Ich lasse die vergangenen Wochen Revue passieren. Denke über die Stille in den Schreinen nach. Und ich überlege, ob nicht vielleicht ob es auch bei mir in der Nähe so etwas gibt. Nein, ich kann mich an nichts annähernd so spirituelles bei uns entsinnen. Ich überlege, ob ich in meiner Wohnung nicht auch einen Ort mit solch einer Energie aufbauen soll. Ein Ort der Achtsamkeit der Ruhe, der Besinnlichkeit.

Ich ziehe los, ab ins nächste Hotel auf nach Kōbe. Ich bin froh, dass ich kein Koffer mit mir rumschleppen muss, sondern dass ich den Backpack habe. Danke Nora! :)

Wieder gehe ich durch die unangenehme Gegend von gestern. Tagsüber ist sie nicht so schlimm, dennoch riecht es nach Pisse. Ich überlege. Ich habe noch viel Zeit, bevor ich im Hotel einchecken kann, erst gegen 15:00. Entsprechend suche ich auf Google Maps den nächsten Schrein. Natürlich gibt es eine Menge, der nächste ist nur 15 Minuten entfernt. Ich mache mich auf den Weg.

Während ich zu meinem Ziel schlendere, komme ich an einem anderen Tempel vorbei. Einem Konsumtempel namens Don Quijote, sein Markenzeichen ist ein süßer Pinguin. Ich gehe rein, erkunde den Laden. Hätte ich mal esser Brotkrumen mitgebracht, ich verlaufe mich tatsächlich im Laden. Hier gibt es fast alle. Eine Mischung aus Real und Action. Nur vollgepackter. Schlussendlich finde ich nach einer halben Stunde wieder aus dem Produktlabyrinth heraus.

Ich begegne später am Schrein einem Latino mit Popelbremse, ich habe ihn bereits irgendwo anders gesehen. Wir kommen ins Gespräch. Er fragt mich, wo das Leben stattfindet würde. Nach einer kurzen Suche auf Google Maps finde ich den Stadtteil, in welchem wir an unserem letzten Tag waren, empfehle ihm Dotonbori. Der Schrein selbst ist enttäuschend. Hier möchte ich meine Gebete nicht wegschicken. Kommerzvibes. Ich suche einen anderen. Der nächste ist 10 Minuten Fußweg entfernt. Auf geht's.

Der nächste Tempel ist genau das, was ich erwartet habe. Ein abgeschiedener Ort direkt in der Stadt. Ich gehe langsam die steilen Stufen rauf, begegne einem älteren Mann welcher mich freundlich mit "Konichiwa." begrüßt. Ich grüße ihn freundlich zurück. Er fegt die Treppen, in der rechten Ecke erblicke ich eine ältere, dazugehörige Dame, welche ihrerseits einen Besen schwingt. Beide halten die Anlage in Schuss, kümmern sich liebevoll um den Tempel. Ich gehe zum Hauptschrein, erde mich, schmeiße 50 Yen rein und gehe die selbe Prozedur wie gestern durch. Gesundheit, Genesung und Glück. Rechts neben dem "Saisen" genanntem Spendenkasten steht eine Box voller Omikuji. Omikuji sind Papierstreifen, auf welche Wahrsagungen geschrieben und die in Shintō-Schreinen und buddhistischen Tempeln in Japan zu finden sind. Ich spende die 200 Yen und nehme eine Omikuji mit. 

Ich mache mich auf den Weg zur Metro. An der Hauptstraße langgehend traue ich meinen Augen nicht, aber auf die positive Art und Weise. Vor einem Laden mit vielen Fahrrädern sitzt ein ca 5-jähriger Junge mit Helm auf, im Kindersitz auf dem Gepäckträger. Schlafend. Weit und breit kein Erziehungsberechtigter. Hier funktioniert das noch. Woanders hätte man wahrscheinlich zu viel Angst vor dem Kind, und das eventuell sogar berechtigt.

Auf nach Kōbe

Noch 20 Minuten Fahrt steige ich aus der Metro, verlasse das Ticket-Gate und staune nicht schlecht. 600 m bis zum nächsten Areal, wo ich mit der JR-Line fahren kann. Osaka Station ist ein einziger Behemoth, wenn es um die Größe geht. Auf dem Weg zum Gleis verlasse dabei nicht einmal das Gebäude. Nun ja, zumindest komme ich nicht ins Freie, was über mir alles vorbeizieht, weiß ich nicht.

In Kōbe steige ich aus. Für die eine Stunde Fahrt mit einmal Umsteigen von der Metro in den Expresszug habe ich umgerechnet 4,50 € bezahlt. Lächerlich günstig.

In Kobe angekommen gehe ich ein wenig spazieren und dann in die Mall. Dort hole ich mir günstig und dennoch nahr- und schmeckhaft etwas zu Essen und zu Trinken. Für 7,17 € eine vollwertige Mahlzeit.

Wie der Zufall so spielt

Da ich noch vor dem Check-In ein wenig Zeit habe, suche ich mir, natürlich wieder mal den nächsten Stein in der Nähe aus.
Ich finde es schon ein wenig verwunderlich, dass seine auch Google Maps Bewertung haben. Ich mache mich auf den Weg, gehe durch das Vergnügungsviertel und gelange an einem Seiteneingang zum Tempelgelände. Dort durchschreite ich bedächtig ich die 22 Torii zum kleinen Schrein. Die bewusste Herangehensweise in den Tempeln Tür gut, ist ein ausgleichender Pol zu den vielen, schnell vorbeiziehenden Eindrücken. Ich vollführe die gleiche Prozedur wie heute Vormittag; beten für Genesung, Gesundheit, Glück. Ich gehe noch ein bisschen weiter und stelle fest, dass die Tempelanlage relativ groß ist. Ich begutachte die Emas, Tafeln aus Holz mit Wünschen drauf. Ich lese auch ein paar englische und deutsche.
Etwas macht mich stutzig, ich schaue auf Wikipedia nach dem Schrein und stelle fest, dass ich rein zufällig in den wohl ältesten Schrein des Landes gestolpert bin. So schnell kann das hier gehen. Außerdem erfahre ich, dass dieser Schrein der Hüter der Gesundheit ist.

The shrine also attracts a lot of young couples, who visit the shrine to get hold of amulets; white for boys and red for girls, believed to bring their happiness and romance to a happy end.

Das erklärt die vielen Herzema. Es gibt eine Reihe von Lucky Charms. Ich entschließe mich dazu, morgen noch Mal vorbeizukommen und welche mitzunehmen.

Kampf den Wahlen 

Wahlkampf ist ja auch schon was besonderes. Es gibt Tafeln, an den für jeden Kandidat explizit ein Platz reserviert ist. Zudem ist es hier gang und gäbe, dass die Kandidaten hinten im Lautsprecherwagen rumgefahren werden, hinten sitzen und und winkend.

Spaziergang zum Hotel

Ich marschiere weiter. Ich könnte auch die Öffentlichen nehmen, was mit den Rucksack wahrscheinlich ein bisschen angenehmer werde, allerdings genieße ich auch das Entdecken in der Gegend. Ich komme auf halber Strecke an einem City Picknick Park vorbei; super interessantes Konzept.

Mein Hotel ist im Hafen, es ist ein Industriehafen auf halbem Weg zum Flughafen. Ich trete ein und staune nicht schlecht: Rezeption im 9 Stock, vor mir ist das Fitnessstudio. Ich fahre mit dem Aufzug hoch und bin erstaunt. Wow alles sehr chic hier. Ich wickle alles ab und stelle fest: Wäscheservice? Mal prüfem! Sauna? Geil, mache ich! Badewanne? Mache ich!

Der japanische Mr. Krabs

Später am Abend gehe ich raus in die Stadt. Ich habe mir einen Platz in einem Steakhouse reserviert. Ich were später feststellen, dass "House" ein wenig zu hoch geschossen ist. 😁 Wenn ich schon mal in Kōbe bin, muss natürlich auch Kōbe-Rind auf den Tisch. Ich verlasse das Hotel, es regnet, ich mache kehrt für meinen Regenschirm. Nach einer kurzen Fahrt mit der Bahn gehe ich raus in die Stadt, ein wenig erkunden, stelle ich mich in die Schlange einer Ampel, hinter zwei jungen Mädchen, beide vielleicht 14 Jahre alt. Das Mädchen mit der Mütze schielt in meine Richtung, plötzlich kichert sie los, sagt der anderen was. Diese schaut sich um, kichert auch los. Beide Kichern, weil ich das eine Mädchen ohne Mütze mit meinem Regenschirm überdecke. Japaner sind schon putzig, wenn sie sich richtig freuen.

Später lande ich in not's, dem Steakhouse. Zuerst habe ich Probleme es zu finden. Ich finde es. Ach einer Weile, trete ein, und finde 4 * 6 Meter Raum vor. Die Wände sind größtenteils unverputzt, es gibt freiliegende Rohre. Trotzdem wirkt es einladend, es hat Charme und Atmosphäre. Beim Reinkommen werde ich sehr freundlich vom Meisterkoch begrüßt, neben ihm hinter der Theke steht sein junger Gehilfe. Da alle Schilder und die Menükarte auf Kanji, den japanischen Schriftzeichen, gehalten sind, hatte ich auch die gleichen Sprachbarriere-Befürchtungen für den Koch. Oh boy, lag ich falsch. Er spricht gutes Englisch, er verwickelt mich in ein Gespräch. Zuerst antworte ich widerwillig, doch dann entwickelt es sich zu einem sehr unterhaltsamen Abend.

Er fragt mich ziemlich zu Beginn, wo ich denn herkommen würde. "Germany? I have a friend in Germany. I've been there." Wir vergleichen Deutsche und Japaner. Wir stellen beide lachend fest, dass deutsches Essen (im Vergleich zu japanischen Speisen) abstinkt. 🤣 Sein Lachen ist so gewinnbringend, ich habe bisher noch keinen Japaner annähernd so herzhaft Lachen gehört. Wir kommen auf "die Drei" in dieser Gegend zu sprechen. Osaka, Kyoto, Kobe. Nun wird mir auch hier vor Augen geführt, warum ich mit Osaka nicht so viel anfangen kann.

"Kyoto people love Kobe. Kobe people love Kyoto. Half of them don't like Osaka people. Osaka loves cash.

Ich frage ihn, woher er stammt. Er stamme aus Osaka. "So you love cash?", frage ich ihn.
"Yes, I love cash. Want to order another beer?", antwortet er wieder mit seinem herzhaften Lachen.

Ich frage ihn, was sein eigentlicher Traumjob gewesen sei. Er wäre gerne Schauspieler geworden. Erzählt mir von einer Szene, in welcher er 10 Minuten lang auf jede erdenkliche Weise einen Hund "I love you!" gesagt habe. "Silly. Stupid.", kommentiert er.
Ich erzähle ihm, dass ich Impro mache, spiele im Schnelldurchlauf den 3-Minuten-Stuhl durch. Beide Japaner hinter der Theke lachen. Physical Comedy kennt halt keine Sprachbarrieren.

Zum Schluss geht's ans Geld. "Card or cash?", fragt er. "Cash, of course!", antworte ich. "I love cash!", lautet die lachende Antwort des japanischen Mr. Crabs.
Er verabschiedet sich mit "Please don't leave, stay in Japan for ever!" und verbeugt sich tief. Der Abend hat mich 37 € gekostet, er war jeden Yen wert.


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