Im Kojteich
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Osaka - Tag 3 - Getrennte Wege

Veröffentlicht: 05.04.2023

Time to say goodbye

So schön es auch war, ich bin froh wieder Zeit für mich haben zu können. Ohne den Gedanken, etwas zu verpassen. Ich habe die letzten 11 Tage meinem Gremlin freien Lauf gegeben, er hat sich ausgetobt. Fressen bis zum Geht-nicht-mehr, kein Sport, ständig unter Strom. Dazu die Schlafabstinenz durch das Geschnarche, wie auch in dieser Nacht. Ich war überrascht, heute morgen alle Holzbetten unbeschädigt vorzufinden, bei der Sägerei in der Nacht. Das gesägte Holz muss wohl bereits abtransportiert sein.

Wir verabschieden uns gegenseitig, manche mehr, manche weniger. Rob fragt, wo ich sei, er warte in der Lobby. Ich komme schlaftrunken runter, wir verabschieden uns herzlich aber aber unter Trauer. Jemand Kluges in meinem Leben sagte mir vor meiner Abreise für mich sinngemäß, dass Liebe und Trauer sich bedingen. Im Grunde sind Liebe und Trauer zwei Seiten der selben Medaille. An diesem Morgen konnte ich das spüren. Rob gesteht mir später, dass der Trip ohne mich nicht mal annährend so Hammer gewesen wäre. Ich bin gerührt; hätte nie gedacht jemanden zu treffen, mit dem ich mich innerhalb so kürzester Zeit so tief verstehen würde. Nicht auf einer Ebene wie ich es mit Charles hatte, dieses schon fast Lehrer-Schüler-Ding. Nein, dieses "einfach mal wild auf die Kacke hauen und eine gute Zeit haben"Ding. Wir werde und nicht das letzte Mal gesehen haben.

Im Zimmer ordne ich meine Sachen neu, räume auf und miste aus. Hinter dem Gremlin aufzuräumen tut gut. Also der Aufräumen-Teil, nicht der "hinter ihm her"-Teil. Ich überlege, schmeiße meine lochrige Jeans weg. Silbermond kommt mir in den Sinn: "Es reist sich besser mit leichtem Gepäck". Recht hat sie.


Wander heiter weiter

Ich ziehe los, suche mir eine Anime Musik Playlist raus. Komisch, diese Musik vermittelt in diesem Kontext ein Freiheitsgefühl, eine gewisse Leichtigkeit. Ich steuere die Gemeinde-Bibliothek, gehe in die Ruhe und die Reflektion. 

Ich ziehe weiter, suche mir einen Tempel auf dem Weg ins Hotel. Ich bin dabei, mir daraus eine Gewohnheit zu machen. Es hat was magisches, was ich nicht beschreiben kann. Vorerst nicht. Aber hey, erklären heißt auch entzaubern. ; )
Dieser Tempel ist diesmal voller Touristen. Dies bedeutet, so habe ich gelernt, dass er in mehr als nur einem Reiseführer drin steht. Dabei haben die kleinen Perlen meist mehr Flair, wie ich später noch erfahren werde.
Ich fühle mich wie ein Tourist auf Spiekeroog, der bereits zwei Wochen dort ist und auf einen Haufen Tagestouristen trifft. 

Nach einer Weile komme ich im Hotel an, der Check-In geht problemlos vonstatten, die sehr junge Rezeptionistin spricht für japanische Verhältnise gutes Englisch. Sie gibt mir die Karte und erklärt mir, dass ich ab 22:00 nur noch mit Karte ins Hotel kommen würde, der Security wegen. Ich denke mir nichts weiter dabei. Auf dem Zimmer angekommen dauert es nicht lange und ich gönne mir ein Nickerchen. Danach noch eines.

Nachdem ich mich sortiert habe, ziehe ich los, irgendwo etwas zu essen holen. Ich gehe Richtung Metro, durch die engen Gassen.
Die Gegend ist nicht gerade die beste. Die Einkaufsstraße ist nicht so geleckt wie die anderen, es gibt kaum englische Schilder.  Ich gehe in den nächsten Lawson Minimarkt, hole mir eine Kleinigkeit und steige in die Metro Richtung Umeda.

In der Metrostation die nächste Überraschung. Hier schauen die Sitzplätze auf dem Bahnhofssteig nicht aufs Gleis sondern parallel. Es sieht bereits so kurios genug aus. Noch mehr Komik gewinnt es, als ich in der Bahn sitze und an an der nächsten Haltestelle jemanden mit einem Laptop in so einem Sitz sitzen sehe. Er sieht aus, als wäre er aus einer Bahn mit einer riesigen Realitätsschere herausgeschnitten worden und dort auf den Bahnsteig verfrachtet worden. Ich stell mir vor, wie er plötzlich von seinem Laptop hoch guckt, sich panisch umschaut und dann verwirrt um Hilfe ruft. 😅

In Umeda angekommen durchstreife ich hungrig den riesigen Komplex. Ich probiere es dann am Ende doch bei McDonalds, diesmal die Spezialitäten. Der Chicken Burger ist überraschend gut, dank der würzig-scharfen Sauce. Ich habe gelernt, wenn du einen frisch zubereiteten Burger haben willst, gib Sonderwünsche an. Dann muss dieser Burger frisch zubereitet werden. In den raren Mc-Momenten hat das bisher immer super funktioniert.

Nachdem ich fertig mit Essen bin, gehe ich raus. Hier soll es das sehenswürdige Umeda Sky Building geben. Ich kämpfe mich durch die Gegend, diese Gegend ist ein Moloch an Gebäudekomplexen, Shopping-Malls und Bahnhöfen. Ich kann mich wirklich nicht mit Osaka anfreuden.
Auf dem Weg zum Sky Building fällt mir ein Mann im Anzug auf, er kommt mir entgegen. Europäisches Gesicht, gepflegter 5-Tage-Bart, gutes und gepflegtes Äußeres mit einer männlichen Ausstrahlung. Er schaut auf sein Handy, im Alltagstrott. Ich schaue ihn, nach wenigen Sekunden blickt er von seinem Handy hoch und schaut mich an. Wir schauen uns im Vorbeigehen an. Mit einem wertschätzenden "Ich sehe dich, Mann"-Blick. Ich war kurz geneigt ihn zu grüßen oder zumindest zuzunicken. Ich hatte das Gefühl, dass es ihm genauso ging. Es war schon bemerkenswert. Hier sind wir, zwei Fremde in einer fremden Umgebung, zollen uns stumm Respekt. Einfach nur, weil wir sind. Magisch.

Nach einer Weile gelange ich zum Umeda Sky Building. Ich stehe unter ihm, mir wird schwindelig vom Hochschauen. Jeder Ratgeber sagt, dass man dieses Gebäude gesehen haben muss. Ich empfinde nicht so. Mache mir noch nicht mal die Mühe mir einen guten Aussichtspunkt zu suchen, um es von der Seite zu sehen. Das hier gibt mir einfach nichts außer das Bedürfnis wieder abhauen zu wollen. Ich drehe um und gehe wieder zurück. Erst am kommenden Tag werde ich in meinem Verhältnis zu Osaka bestätigt werden.

Nach dieser Enttäuschung fahre ich zurück zur Metro, schlängel mich erneut durch die uneinladenden Seitengassen. Plötzlich sehe ich Polizei samt Absperrung auf meinem Weg, kein Durchkommen. Ich nehme einen Umweg, überall riecht es nach Pisse. Ich werde bei der nächsten Location Wahl wohl mehr Sorgfalt walten lassen. Miho und G-Adventures haben gute Arbeit bei der Tour-Zusammenstellung gemacht. Immer die Goldseiten Japans präsentiert.

Etwas hat Miho uns bisher nicht gezeigt. Japanisches Fernsehen. Also schalte ich im Hotelzimmer den Fernseher ein, lasse mich von einer japanischen Game-Show berieseln. Diese Japaner...

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