Im Kojteich
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Kimono-Koj - Takayama

Veröffentlicht: 28.03.2023

Entweder er oder ich. Aber nicht wir beide. Einer von uns wird diese Nacht nicht mehr in diesem Raum atmen. Daran gibt es von Minute zu Minute weniger Zweifel. ...

Raumhalter und Raumwürdiger im Alltag

Bahnfahren in Japan ist wirklich etwas besonders. Wir fahren nach Takayama, in die japanischen Alpen. Vor uns liegen knapp 3 Stunden Bahnfahrt durch die Berge bzw. deren Täler. Entlang an glasklaren Flüssen, durch kurze Tunnel, entlang an schönen Kleinstädten. Hin und wieder zieht der Schaffner seine Runden, dreht sich in der offenen Tür um, hält eine halbe Sekunde inne und verneigt sich ein klein wenig, bevor es weiter ins nächste Abteil geht. Das würde Mariola und Bernd freuen. Räume halten und würdigen, dass ist hier eine alltägliche Achtsamkeitsübung.
Im Bahnhof Tokyo habe ich zuvor etwas ähnliches beobachtet. Im Treppenaufgang kommt aus einer in der Wand versenkten Tür ein kleiner Reinigungstrupp heraus. Der letzte macht 3 Schritte aus der zufallenden Tür, dreht sich um und benutzt seinen Zeigefinger als Taktstock. Auf die Mikrosekunde genau treffen sich Tür im Schloss, Kopf in der Neigung und Taktfinger im Schlag. Zack, im Hier und Jetzt die nötige Achtsamkeit geschenkt, ohne schon mit dem Kopf fünf Minuten in der Zukunft zu sein. Der vorher mit Anwesenheit gefüllte Raum wird geschlossen, sowohl physisch als auch.... metaphysisch? Kein Gedanke mehr nach hinten, Fäden sind gelöst, Fokus auf das Kommende.

Ich bewundere dies, denn in "westlichen Kreisen" ist das Raumbewusstsein so gut wie nicht vorhanden, im Vergleich zu hier. Das beste Beispiel habe ich gestern Abend bekommen. Ich habe mir ein Raum zur Übernachtung mit dem Cowboy geteilt. Ich kam erst als zweites ins Zimmer, nachdem er drin war und sich wo anders rumtrieb. Zwei Futons, ein Nachttisch dazwischen. Geteilter Raum unter zwei Fremden. Respekt und unausgesprochene Absprache ist gefragt. Was ich vorfinden werde ist genau das Gegenteil. Die komplette Kreuz-und-Quer-Ausbreitung seiner Sachen über den gesamten Tisch. Selbst nach der nachträglichen Aufteilung durch das beseite Schieben seiner Sachen finde ich die gleiche Situation später in der Nacht wieder vor.

Diese Achtsamkeit ist etwas, was ich bei uns vermisse. Ich habe zwei volle Tage hier verbracht, so gut wie keine Mülleimer gesehen, aber es war unvergleichbar sauberer als bei uns. Kein Müll befleckt Straße oder Natur wie herabgefallenes Laub im Herbst.

Tour durch Takayama

Als wir später ankommen, erwarten uns ein strahlend blauer Himmel mit einer wärmenden Sonne und ein freundlicher, alter Mann, der unser Gepäck in die Unterkunft bringt. Freizeit ist angesagt, also besuchen wir die historische Altstadt aus dem 18. Jahrhundert. Es ist fast wie in einem Themenpark. Nur in authentisch. Wir schlendern durch die Stadt und treffen uns zum Ramenessen. Das dritte Mahl für mich. Das dritte Mal Ramen für mich. 😅🍜

Sakeomat

Sake-Tasting? Sounds good to me! Wenn ich schon mal hier bin. Geld gegen Sake-Coins eingetauscht, ein Sake-Gefäß aus dem Capsule-Automaten gezogen und auf gehts. Der Laden ist voll von Sake-Automaten. Sorte wählen, Sake-Coin rein, Pinchen runter, Knopf einmal drücken, Kopp in' Nacken.
Ich dachte vorher: "Meeeh, Sake..." Warte mal... Lemon Sake?! Plum Sake?! Okay, ich bin überzeugt, mehr davon. Die fünf Münzen sind schneller weg als das ich zuprosten kann.

Crocodile Dundee & Indian Leaf
Zwei Deutsche auf Abwegen

Das Wandern ist es Mannes Lust

Nach dem Sake kommt das Sackenlassen. Und wie? Die Frauen beschließen schnell, dass sich auf Sake gut Shoppen reimt. Unsere kleine Männertruppe schaut sich stumm an. Wir schauen stumm auf den bewaldeten Berg in der Nähe mit den Ruinen. Wir schauen uns an. Ein kurzes Nicken in die Runde und die ersten Schritte die Straße hoch machen unsere Entscheidung fest. Wir entdecken viele Heiligtümer, die Aussicht und die Gespräche.

Unterkunft mit Tradition

Als wir ins Gasthaus gehen, staunen wir nicht schlecht. Authentisch von außen, authentisch von innen. Mit allen Annehmlichkeiten. Plus Kimono und Onsen, einem 40°C warmen Becken. "Hey, es ist nur eine große Badewanne, die nicht abkühlt." Nope! Ich werde während unseres Aufenthaltes den Onsen zwei Mal besuchen und jedesmal beim Einsteigen muss ich dopamindurchflutet kurz leise und glücklich auflachen.

Food, Food, Food

Nach einem kurzen Fotoshooting geht's ab ins Restaurant. Auch traditionell. Mit niedrigem Tisch und einem Loch für die Beine im Boden. Die Laune ist großartig, das Essen aufragend und lecker. Aber dazu separat in einem anderen Eintrag mehr. Aber hey, Mariola, für dich ein kleiner Spoiler. ; ) 

Mit integriertem Kocher

Dieses Zimmer ist zu laut für uns beide

Ach ja, da war ja noch was. Vielleicht ist es ja Karma. Vielleicht eine Geduldsprobe? Ich wusste ja, dass wir einen Schnarcher unter uns haben. Das durfe ich im 4er Zimmer herausfinden. Ich habe das große Los gezogen. Ein Doppelzimmer mit dem Cowboy. Hätte ich schnell geschaltet und vor allem gewusst was kommen würde, ich hätte mit Miho abgesprochen, dass er das Einzelzimmer beommen würde.
Ich liege da im Bett, meine Schlafmaske auf und meine Ohropax Spezial drin.

"Achtung, achtung, die Kettensägen-Messe ist eröffnet! Zu Beginn stellen wir ihnen die Einsteigermodelle vor. Handlich, leise im Betrieb."

Scheinbar war es doch nicht so schlimm wie erwartet. Na dann kann ich ja endlich mal eine Nacht durchschlafen.

"Und zu ihrer Linken finden sie die Profi-Modelle! Machen so richtig Rabattz! Wrooom! Wroooom!"

Ich wechsle eine Stufe höher. Greife zu meinen In-Ear Kopfhörern. Bei jeder Gelegenheit preise ich das Active Noise Canceling an. Wenn ich die zu Hause an der Bundesstraße rausnehme staune ich jedes Mal Bauklötze über die Effektivätit. Dazu noch bewährte sonore Einschlafmusik, 12h Version. Was kann da schon schief gehen. Es hört sich nach Entspannung an.

"UND HIER FINDEN SIE DIE NASA-MODELLE! NEUSTE WELTRAUMTECHNOLOGIE! SCHNEIDEN JEDEN MOND IN ZWEI TEILE UND SIND LAUT WIE DER URKNALL!"

Ich habe von Frauen gehört, die ihre Männer mitten in der Nacht mit einem Messer erstochen haben. Sie konnten das Schnarchen nicht mehr ertragen. Langsam beginne ich zu verstehen... Ich versuche eine Meditations-Challenge daraus zu machen. Ich prüfe, ob, mein Handy aus einem Grund leiser geworden ist. Nope. Ich drehen lauter. "ENTSPANNE DICH MIT HILFE DIESER SANFTEN MEDITATION!" dröhnt es auf mich gedanklich ein.

Love it - Change it - Leave it

Okay, love it scheided aus irgendeinem Grund aus. Kann den Finger nicht drauf legen.
Change it leuchtet ein. Zum Schmeißen habe ich nichts hier. Außer meinem Backpack.
Leave it! Ich packe mein Futton, gehe drei Mal rauf und runter ins Gemeinschaftszimmer, finde dort endlich Ruhe. Mein Puls pocht in den Ohren, brauche über eine Stunde zum Einschlafen. Es ist kalt hier unten. 14°C. Besser äußerlich frieren als innerlich sterben.

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