発行済み: 18.11.2022
Hier findest du alle meine Etappen auf Komoot: https://www.komoot.de/collection/1622992/-draussenerfahren
24.9.
Wieder alleine habe ich Tirana mit leckerem Burek und anderen Vorräten Richtung Süden verlassen.
Mein Ziel ist es, Pelikane zu sehen und deswegen möchte ich direkt zur Lagune und dem gleichnamigen Nationalpark Divjaka-Karavasta. Dort gibt es auch ein Nationalparkzentrum, was ich zuerst ansteuern will. Gestern haben Natasha und ich uns noch über die Route nach Süden ausgetauscht. Es gibt eine Abkürzung mit nur einem Berg. Diese Abkürzung stellt sich als der schlimmste Weg meiner ganzen Reise heraus. Komoot behauptet, es gäbe dort einen Straßenbelag. Das war in den 50er Jahren vielleicht mal der Fall, aber selbst dann müssen auf großen Teilen der Strecke alle Straßenreste sorgfältig entfernt worden sein, dass nur noch blanker Sand und Dreck übrig blieb. Zuerst kam ein so steiler Berg mit wegbröckelndem Asphalt, dass ich mein schweres Fahrrad kaum den Berg hinauf geschoben bekommen habe. Ich konnte es immer nur ein kleines Stückchen weiter wuchten, neu Halt mit den Füßen suchen, wieder 30 cm weiter mit dem Rad... Ein SUV fuhr mit immer wieder durchdrehenden Reifen an mir vorbei, bis es die schwierige Passage geschafft hat. Eine Frau kam mir mit einem Esel entgegen, der mich äußerst misstrauisch beobachtete. Ich versuchte herauszufinden, ob die Straße nach dem Berg besser wird. Die Frau verneinte.
Ich hörte nicht auf sie, auch weil ich glaubte, sie würde mich nicht richtig verstanden haben. Dann kam ein Abschnitt, der halbwegs okay war und dann wurde es immer schlimmer. Unglaublich. Es ging die ganze Zeit auf und ab. Nur noch Sand. Der Weg war zerfurcht von Wassergräben, es gab immer wieder krasse Stufen, Steine, wieder Sand. Der Weg war teilweise nur noch so breit wie ein Pfad. Von den schwierigen Passagen machte ich keine Bilder, weil ich einfach nur froh war, sie hinter mich gebracht zu haben. Selbst mit den MTB würde ich hier nicht fahren. Ich konnte ab und zu fahren, musste aber häufig absteigen und schieben.
Ich überlegte, ob Natasha umgedreht hat oder vor mir auf dem Weg war. Sie wollte 150 km schaffen. Dieser Abschnitt kostete richtig Zeit und Energie. Ich sah Fahrradspuren, die recht neu waren. Nach einer Weile traf ich auf einen Mann, der mit einem Esel Holz transportierte und eine Axt über der Schulter trug. Ein Esel ist wahrscheinlich das einzig richtige Verkehrsmittel für diesen Weg. Auf der Karte sah ich, dass ich am Ende des 9 km langen Abschnitts angekommen bin, ich sah die ersten Häuser, fuhr den schmalen Berg hoch, an dem Esel vorbei und oben sah ich sie, die Straße. Oh wie ich mich freute, endlich wieder einen halbwegs zusammenhängenden Strasenbelag zu haben. Oben angekommen sah ich Natasha mit ihrem Rad und drei Dorfkindern stehen. Sie hatte Pause gemacht und war von dem Stück genauso geschafft wie ich. Der Junge hatte Dinge aus ihrer Tasche genommen und ist weggerannt, als sie ihre Tasche öffnete und sie hat sie nur mit viel Verhandlungsgeschick wiederbekommen 😂 Ich gab jedem Kind einen Müsliriegel und wir fuhren zusammen ein Stück weiter. Im nächsten Ort verabschiedeten wir uns wieder. Ich fuhr an den Strand und wollte eigentlich baden. Aber der Strand war unattraktiv und einfach nicht schön. Also kaufte ich eine Cola als Energieresrve und entschied, zügig Richtung Bucht zu fahren.
Der EV8 wählte sehr gute Nebenstraßen parallel zur stark befahrenen Hauptstraße aus, so dass ich sehr gut voran kam. Unterwegs kaufte ich einen alten Mütterchen einen gegrillten Maiskolben am Straßenrand ab.
Außer kontinuierlich zügig weiter zu fahren passierte nicht viel mehr, bis ich am Nationalparkzentrum im schönen Pinienwald zwischen mehreren Seen ankam. Dort stellte sich im Gespräch mit einem Ranger heraus, dass es hier keine Campingplätze mehr gibt. Na toll... Doch dann ergänzte er: "but you can put your tent here" wobei er auf die Wiese vor dem Nationalparkzentrumsgebäude zeigte. Dort liefen einige Hühner, viele Hunde (etwa zehn) und zwei fette Pelikane herum. Der eine kam auch gleich auf mich zu, als ich meine Sachen auf die Wiese räumte. Ich stellte mich hinter mein Rad und wartete aus sicherer Entfernung ab, was der große Vogel wollte 😅 Als er anfing, sein Gefieder zu pflegen, entspannte ich mich auch und baute mein Lager auf.
Gegen Abend kam der Nachtwächter und alle anderen Ranger gingen nach Hause. Ich ging vorbei zum Hallo sagen. Er war sehr freundlich, sprach aber natürlich kein Englisch. Irgendwie erklärte er mir, wo er nachts ist (er sitzt drinnen im Besucherraum und schaut auf einem riesigen Fernseher fern). Dann sollte ich ihm vor die Tür folgen. Er schloss sie, zeigte auf mich und mein Zelt und sagte "problem problem" und dann auf die Tür, legte die Hände an seinen Mund und rief in Richtung der Tür "Jimmy Jimmy" und strahlte mich freundlich an. Da geht einem das Herz auf 😊
Dann war Fütterung der Pelikane angesagt. Die Hunde waren auch schon ganz aufgeregt. Jimmy holte einen Eimer voll tiefgefroren Fisch und ließ Wasser hineinlaufen. Das ging allen anderen Beteiligten viel zu langsam und einer der Pelikane versuchte immer wieder einen Fisch aus dem Eimer zu angeln. Ab und zu viel auch einer heraus und der war dann schwubs im Pelikan verschwunden. Jimmy musste noch einmal kurz rein irgendwas holen und der Pelikan stürzte sich sofort auf den Eimer. Jimmy stellte sich zwischen Pelikan in Eimer, der Pelikan geht auf Abstand, Jimmy wartet... und geht dann schnell rein. Kaum ist er verschwunden, wittert der Pelikan seine Chance. Ich denke mir, dann beschützen ich jetzt den Eimer. Gehe zwei entschlossene Schritte auf den Pelikan zu - weiter kam ich nicht, denn der Pelikan hebt sofort den Schnabel wie einen Speer in meine Richtung, breitet die Flügel aus und ist bedeutend entschlossener und eindrucksvoller als ich. "no no no" höre ich es nur von hinten von Jimmy und er zeigt dann auf sich. Ich verstehe... Der Vogel hat eine Bezugsperson und das bin nicht ich 😅
Nachdem Jimmy mich gerettet hat, füttert er die Pelikane, in dem er ihnen die Fische zuwirft. Gegen Ende bekommen die Hunde auch was ab. Dann ist meine private Fütterung vorüber.
Später frage ich Jimmy nach einer Waschmöglichkeit und er zeigt mir einen dicken Schlauch hinter einer Holzhütte auf dem Gelände. Dort Wäsche ich mich mit kaltem Wasser im Dunkeln und hoffe, dass mich die Pelikane in Ruhe lassen. Dem ist auch so.
Dann schaue ich mir die Toiletten genauer an. Okay die sind definitiv nicht toll. Das Waschbecken davor ist in Ordnung. Dann schaue ich in der Nähe beim Aussichtsturm vorbei. Dort sind ein paar Sitzgruppen, ein kleiner Verkaufsstand für touristische Dinge, Getränke und Snacks. Daneben stehen zwei Zelte, es laufen drei Pferde irgendwo auf dem Gelände herum (fragt mich nicht warum) und an einer Sitzgruppen sitzen ein paar Gestalten, offensichtlich die Inhaber. Ich sage auch hier einmal hallo, wir sind ja immerhin Nachbarn.
Dort sitzten drei Albaner. Ein alter, rundlicher Mann mit Jacket und schelmischen Blick und zwei junge Männer. Einer der beiden ist Miran (bei dem Namen bin ich mir nicht mehr sicher) der Inhaber. Der alte Mann wird "Professor" genannt und stellt sich als ein albanische Physiklehrer heraus, der leider nur italienisch sprechen kann. Miran spricht sehr gut Englisch und übersetzt. Mir wird sofort ein albanisches Bier angeboten und schon sitze ich zusammen in der lustigen Runde. Der Lehrer ist sehr lustig und die beiden Männer machen viele Witze mit ihm zusammen und lachen viel. Irgendwas ist nicht okay mit seiner Pension und er ärgert sich darüber, doch wenn er Raki trinkt und Joints raucht, dann geht es ihm gut. Während er das sagt, wippt / hüpft er in seinem Stuhl, lacht und hat in einer Hand ein Glas Raki und in der anderen Hand einen Joint. Mir wird auch etwas angeboten aber ich lehne dankend ab. Ich hole mein Essen und Miran macht Feuer in einem selbst gebauten Grill aus einem halben kleinen Metallfass. Als ich mir später wärmere Klamotten hole und wieder komme, steht ein Teller Salat auf meinem Platz.
Dabei bin ich bereits eigentlich gut gesättigt. Das Öl hat Miran selbst gemacht. Der Salat ist super lecker. Es wandern immer wieder über dem Feuer geröstete Weißbrotscheiben mit Olivenöl auf meinen Teller. Ich mache den Fehler zu sagen, dass der Käse sehr gut schmeckt. Sofort habe ich ein weiteres, gleichgroßes Stück auf dem Teller. Ich bekomme ein weiteres Bier. Ich winke irgendwann ab und muss Miran sehr deutlich überzeugen, dass ich definitiv genug gegessen habe. Er kann es kaum verstehen, da ich in seinen Augen doch viel mehr essen müsste nach dem vielen Radfahren. Ich esse aus Höflichkeit meinen Teller leer und fühle mich prall wie ein Ballon.
Wir sitzen noch lange zusammen und reden über Lebenskonzepte. Miran mag das Leben in Albanien aber er ist sehr unzufrieden, wie wenig Geld man in Albanien verdient. Viele Leute müssen mehrere Jobs haben um über die Runden zu kommen. Die Wertschätzung von guten Lebensmitteln sehe ich jedoch bei Miran sehr deutlich. Der Käse und das Öl sowie das Gemüse sind super.
Irgendwann gehe ich dann doch ins Bett immer noch erfreut von der tollen Gastfreundlichkeit. Nachts wache ich gegen ein Uhr auf und merke, dass mir speiübel ist... Ich habe einfach zu viel gegessen. Ich fühle mich elend. Die Hunde rasten aus, rennen durch die Gegend und ich stehe irgendwo mitten im Wald, halte mich an einem Holzzaun fest. Überall sehe ich im Schein meiner Kopflampe dir Augen von etwa zehn Hunden aufleuchten. Einer der nicht so tollen Momente meiner Reise... Als ich mich endlich übergeben habe ist es besser und ich kann wieder in mein Zelt und weiter schlafen. Was für ein Mist...
25.9.
Am nächsten Morgen bin ich noch recht platt, packe aber zügig zusammen ohne Frühstück und bin um 8 Uhr verschwunden. Bei Miran verabschiede ich mich kurz. Auf den mir versprochenen Kaffee habe ich keine Lust, und auf die Erklärung warum ebenso wenig. Ich packe ein wenig Geld für das viele Essen an den Tresen, so dass Miran es findet. Er hätte es mit Sicherheit nicht angenommen und scheine mich wubbelig auf mein Rad. Erst mal fahren.
Ich fahre nicht schnell, kaufe mir trockene Cracker, die ich beim Fahren nach einer Weile langsam essen kann. Langsam geht es mir besser. Die Landschaft ist flach und ich sehe Leute, die mit einem kleinen Eselkarren Heu vom Feld nach Hause bringen. Wahrscheinlich futtert der Esel zu Hause die Hälfte vom Heu und die andere Hälfte geht auf der Straße verloren 😆
Insgesamt ist viel auf der Straße los. Alte Männer gehen gemeinsam von einem Dorf zum anderen (spazieren?), kleine Traktoren fahren Heuwender durch die Gegend und es sind viele Mopeds unterwegs. Eine für mich total ungewohntes aber irgendwie total gemütliches Straßenbild.
Hier ein paar Bilder von den albanischen Straßen und in deren Umfeld:
An einer Straße treffe ich einen deutschen Radreisenden, der innerhalb von drei Wochen von München nach Athen fährt. Rennrad und superleichtes Gepäck machen das möglich. Wir unterhalten uns gut. Das tut gut denn ich fühle mich nicht nur matt, weil ich mein Abendessen von gestern zurückgeben musste, sondern auch einsam, seit ich mit Natasha zusammen geradelt bin und nun wieder allein unterwegs bin.
An einem Fluss mache ich im Schatten einer Mauer Pause es ist bereits Nachmittag. Ich fühle mich zwar schlapp, aber besser. Ein Hund läuft an mir vorbei ohne mich zu beachten. Er hat offensichtlich etwas wichtiges zu tun 😆 Nach einer Weile kommt der Hund noch einmal vorbei und schaut sehr geschäftig aus. Ich vermute er läuft die verschiedenen Müllplatze ab. Dann kommt eine Frau mit zwei Mülltüten an eine Mülltonne am Fluss. Die eine Tüte wirft sie in die Tonne, sie andere Tüte mit viel Schwung mitten in den kleinen Fluss. Ich bin baff und mir fällt keine wirklich gute Erklärung dafür ein. Ich telefoniere mit zu Hause, was mir auch sehr gut tut ♥ Dann sehe ich plötzlich einen Radreisenden die Straße in die gleiche Richtung wie meine Strecke vorbei radeln. Ich Düse hinterher und treffe Benjamin unter einer Brücke, wo er gerade noch einmal den Weg auf dem Smartphone checkt. Er ist gestern mit dem Flieger aus Deutschland in Albanien gelandet. Wir radeln ein Stück zusammen. Das fühlt sich gut an.
In Vlorë fährt Benjamin in die Stadt um noch was zu erledigen und ich fahre vor zum Campingplatz. Der Campingplatz ist geschlossen aber in dem Wasserspeicher über der Dusche ist noch etwas Wasser. Ich treffe dort eine junge Familie aus Deutschland mit zwei kleinen Kindern. Ein Mann, der sich um die Pferde in der Nähe kümmert sagt uns, dass es okay ist, wenn wir bleiben aber wir sollen nichts verändern. Benjamin hat sich entschieden, noch ein Stück weiter die Küste runter zu fahren. Wir bleiben in Kontakt. Ich bleibe auf dem Campingplatz, Dusche mit dem kühlen Wasser, koche mir was zu essen und esse mit der Familie zusammen. Das ist ein sehr netter Abend.
26.9.
Am nächsten Morgen starten wir ungefähr gemeinsam. Hoffentlich öffnet der Campingplatz wieder, er ist schön in einem Pinienwald gelegen.
Ich bin um 10 Uhr mit einem Freund aus 🇸🇪 zum Telefonieren verabredet. Ich will mir eigentlich einen gemütlichen Platz in einem Café oder mit schöner Sicht oder so suchen. Doch es wird eine kleine Seitenstraße zwischen Betonbauten im Vorstadtbereich von Vlorë.
Beim Telefonieren werde ich von Hunden angebettelt, fette Pickups fahren vor, ein Fahrradfahrer hält direkt vor mir und quatscht mich an (er hat wohl nicht gesehen, dass ich telefoniere) und zeigt mir stolz sein altes russisches Fahrrad mit chinesischer Bereifung, ein Motorradfahrer versucht vergeblich, direkt neben mir die Rampe auf den sehr hohen Bordstein zu fahren, zu schieben, ich muss das Telefonat kurz unterbrechen, um ihm zu helfen, aber sonst kann ich in Ruhe telefonieren 😂😂
Danach fahre ich nach Vlorë und suche in der gar nicht so kleinen Stadt einen Fahrradladen. Mein geflicker Mantel sieht irgendwie nicht so gut aus und ich möchte einen Ersatzmantel dabei haben. Ich finde tatsächlich einen Laden und mit etwas Mühe, dem Goolge Übersetzer und der Hilfe eines weiteren Manns (der genauso wenig Englisch wie der alte Fahrradmechaniker spricht) kann ich den Mechaniker davon abhalten, sofort einen neuen Mantel auf mein Rad zu ziehen und kann einen Mountainbike Faltreifen von Michelin kaufen. Damit fühle ich mich wieder sicher und radele beruhigt weiter.
In Vlorë weiß ich nicht so genau, was ich tun soll. Natasha, die aufgrund eines Pausentags nach dem anstrengenden Offroadabenteuer noch am Morgen in der Stadt war und mit dem Bus nach Sarande weiter gefahren ist, empfiehlt mir ein Hostel. Doch ich entscheide mich dann doch nach einigen Irrfahrten durch die Stadt fürs Weiterfahren Richtung Orikum, damit ich am nächsten Morgen direkt zum Pass starten kann (Orikum liegt direkt am Fuß des Bergs), außerdem hat mir Benjamin von einem Camping in Orikum geschrieben. Ich fahre also nach ein paar Einkäufen an der Küste weiter. Die paar Kilometer sind mit ordentlichem Gegenwind gut anstrengend bzw. dauern länger als erwartet. Orikum ist erstaunlich hässlich. Ich sehe geschlossene oder unansehnlich Campingplätze auf dem Weg. Außerdem sagt der Wetterbericht "interessantes" Wetter voraus.
Ich entscheide mich für ein Hotel in Orikum. Das ist aber gar nicht so einfach zu finden. Ich wähle eins aus, fahre auf den Hof doch außer einen Hund, der mich knurrend wieder vom Grundstück vertreibt treffe ich niemanden. Zwischendurch unterhalte ich mich noch mit zwei italienischen Rennradreisenden, die heute noch über den Pass wollen, auch mit super leichtem Gepäck. Nachdem ich zweimal durch Orikum geirrt bin, entscheide ich mich doch für den weißen Klotz gleich zu Beginn des Orts. Ich komme an und frage den jungen Mann nach einem Zimmer. Ich schätze ihn auf 17. Seine jüngere Schwester (oder Cousine?) ist auch dort, sonst niemand. Er muss per what's app erst einmal Instruktionen einholen, ist aber super bemüht. Ich bekomme ein Zimmer und Frühstück. Der Raum ist total vollgestellt, ich abendbrote ein paar Vorräte und lümmele mich aufs Bett und chille.
Das Wetter wird immer ungemütlicher. Das ganze Gebäude wackelt vom Sturm. Gut dass ich hier im Hotel bin. Dann fällt der Strom aus. Draußen vor dem Hotel höre ich viele Stimmen, ein Generator wird angeworfen. Als in meinem Zimmer plötzlich wieder das Licht angeht und mich blendet, merke ich, dass der Strom wieder da ist. Doch nach kurzer Zeit ist er wieder weg. Das wiederholt sich noch ein paar Mal. Am nächsten Morgen ist meine Powerbank immer noch nicht geladen, so häufig war das Stromnetz unterbrochen.
27.9.
Morgens sieht das Wetter noch ungemütlich und ich etwas zerknautscht aus. Doch beides besserte sich über den Tag.
Ich gehe runter zum Frühstücken und erwarte einen völlig leeren Frühstücksraum, da ich gestern quasi keine Hotelgäste mitbekommen habe. Doch der Frühstücksraum ist rappelvoll. Aus irgendeinem Grund hat sich eine ganze Busladung albanischer Rentner in den Frühstücksraum ergossen. Der junge Mann von gestern Abend war zusammen mit zwei weiteren Kellnern kräftig am Rotieren. Ich konnte einen Tee bestellen (der am Ende meines Frühstücks auch kam), meinen Wunsch nach einem vegetarischen Frühstück musste ich aber für mich behalten, da bereits ein Teller mit einem kleinen zusammengestellten Frühstück mit unter anderem einem halben heißen Würstchen auf meinen Tisch gestellt wurde. "Na gut, machen wir es mal nicht so kompliziert" dachte ich mir und futterte mich durch. Dann packte ich mein Rad und das Wetter sah beim Losfahren schon viel freundlicher aus. Der Llogara-Pass war sehr schön zu fahren. Natürlich auch anstrengend aber landschaftlich sehr schön erst durch flaches Land mit Plantagen und tollen Bergen drum herum und dann durch schönen Wald bergauf, insgesamt auf ca. 20 km von Meereshöhe auf 1027 Meter. Natürlich war es auch anstrengend, aber das war ja nicht unerwartet.
Ich fand Feigen am Weg, traf Kühe und sah Dies und Das. Insgesamt ein wirklich schöner Abschnitt. Teilweise war es so steil, dass mein Tacho sich weigerte, eine Geschwindigkeit anzuzeigen (ja liebe Physiker, auch 0 km/h ist eine Geschwindigkeit, aber das liest sich so schöner 😉)
Oben angekommen war die Fernsicht durch sehr viel Nebel bzw. Wolken quasi nicht vorhanden. Doch nach einer Weile rissen dann doch Lücken auf und ich konnte bis Korfu schauen. Die anschließende Abfahrt war wunderbar. Tolle Ausblicke auf das unverschämt blaue Meer, tolle Serpentinen, super Tempo.
Die Sprinter-Wohnmobile mussten deutlich langsamer fahren und ich düste an ihnen vorbei. Die Blicke aufs Mittelmeer und die in Wolken, die an dem Berghang klebten, waren grandios und es wurde mit Serpentine um Serpentine wärmer. Das gefiel mir.
Dann kam ein Abschnitt, der neben dem Höhenprofil des Passes flach aussah... 😅 Das war er definitiv nicht. Es ging gut auf und ab. Aber es war landschaftlich wunderschön und ich achtete einfach nicht darauf, ob es hoch oder runter ging und genoss die Landschaft. Ich dachte über dies und das nach und dann überholte mich ein weißer Deutscher Bus mit dem Kennzeichen R. Und ich überlegte 🤔 welche Stadt ist das eigentlich... Und ich kam nicht auf Regensburg. Erst als der Bus oben am Berg auf der Seite anhielt und zwei mir Wohlbekannte freudig zuwinkten und mich den Berg hinauf anfeuerten. Was für eine schöne dritte Zufallsbegegnung.
Wir tauschten uns über unsere Reise aus und verabschiedeten uns. Vielleicht treffen wir uns ja noch einmal per Zufall (aktuell bin ich in der Türkei und kann vorwegnehmen, dass das unser letztes Treffen war, aber vielleicht sieht man sich ja mal in Deutschland. Falls ihr lieben Beiden das lest, schreibt mich gerne auf Insta oder Komoot an, ich komme euch dann mal in Regensburg besuchen ♥).
Die weitere Strecke ging immer weiter auf und ab, besonders die Abfahrten waren teilweise richtig klasse.
Dann kam ich in Himarë an und entschied, hier zu bleiben. Am Ende des Orts soll schöner Campingplatz sein. Da wollte ich hin. Zuerst kam ich aber noch an einem leckeren Laden vorbei, in dem eine alte albanische Frau verschiedene Marmeladen, eingelegtes Obst und Liköre verkaufte. Ich nahm Feigenmarmelade und eingelegte Feigen gefüllt mit Walnüssen mit 😋
In Himarë kaufe ich mir eine Simkarte für mein zweites Handy, was zwar günstig ist aber total lange dauert. Danach schlenderte ich die Promenade entlang und will dann um Campingplatz, als mir Benjamin über den Weg läuft. Was für eine gute Zufallsbegegnung! Wir sprechen kurz und ich gehe auf den gleichen Campingplatz im Ort. Es sind zwei Plätze direkt nebeneinander und an einer Hauswand steht auch deutlich, wo welcher Campingplatz ist. Hinter dem Haus ist es aber das gleiche Gelände 😂
Der Platz ist sehr schön mit vielen Pinien, absolut nicht barrierefrei, man muss Gräben auf Holzbrücken aus Knüppelholz überqueren. Das ist mit dem beladenen Fahrrad bei Nässe schon etwas abenteuerlich. Die Zeltnischen sind direkt am Wasser schön unter Bäumen. Mein Platz hatte sogar eine Steckdose 😲 die allerdings bei der Regen abgeschaltet wird.
Am Abend sitzen Benjamin und ich gemütlich mit einen albanischen Bier vor dem Zelt mit Zeltlampe quatschen und planen. Es soll in die albanischen Berge Richtung Vjosa Tal gehen. Ich möchte aber einen Pausentag einlegen.
28.9.
Am nächsten Tag ist es windig. Ich übe mich abwechselnd im Chillen und Relaxen in der Hängematte. Benjamin macht Rührei zum Frühstück. Ihn hält es aber nicht und er fährt am Nachmittag noch ein Stück in Richtung Përmet, wo wir uns lose verabreden.
Auf dem Platz sind andere Backpacker und auch ein deutsches Radreisepärchen. Abends gehe ich einkaufen für die Weiterreise. Der Ort ist voll von kleinen Lebensmittelläden. Ich kaufe überall ein bisschen. Mein albanisches Dankeschön "faleminderit" wird immer besser. In einem Laden für griechische Spezialitäten kaufe ich ein bisschen dies und das, unter anderem Gewürze. Die Verkäuferin spricht Englisch und es ist dadurch viel netter, zu kommunizieren. Das ist gut fürs Geschäft und sie kommt richtig in Fahrt beim Anpreisen von Keksen und süßen Snacks für die Reise 😃
Mit dem Einkauf unter dem Arm gehe ich lecker in einem Fischrestaurant essen. Das Lokal sieht richtig gut aus, ist aber trotzdem aus meiner Sicht sehr günstig. Ich treffe andere Backpacker (natürlich Deutsche), die im Hostel untergekommen sind. Ich setze mich zu ihnen an den Tisch und wir tauschen uns über Albanien aus. Ein sehr schöner Abend. Danach gehe ich spät zum Campingplatz zurück und bin erstaunt, dass die Läden nach zehn Uhr Abends noch offen sind. In dem Laden mit der netten Verkäuferin sitzt eine weitere Frau und es wird sich gemütlich unterhalten. Ich wünsche einen schönen Abend und setze meinen Weg gesättigt, müde und zufrieden dort.
29.8.
Der Morgen ist regnerisch. Mein geplanter Quickstart verzögert sich durch ein eingeschobenes ausgiebiges Frühstück mit Rührei an der Kochstelle mit Unterstand auf dem Campingplatz. Ich sitze gemütlich mit drei deutschen Backpacker zusammen. Ein weiterer Backpacker wuselt immer wieder nervös herum. Viele seiner Sachen sind nass geworden. Helfen ließ er sich allerdings auch nicht.
Dann ging es gegen 12 endlich los. Auf dem Weg machte ich noch ein paar Bilder von den Gebäuden von Himarë.
Ich folgte zunächst dem EV8 entlang der Küstenstraße Richtung Süden. Es kam einiges an kräftigen Regen herunter. Als die Sonne wieder rauskam, pulte ich mich irgendwann doch wieder aus den Regenklamotten und wurde von einer Schweizerin eingeholt, die auf Weltreise unter anderem nach Indien ist. In Italien ist sie gewandert, dann mit der Fähre nach Albanien, wo sie sich ein Damenrad gekauft hat, mit dem sie jetzt durch Griechenland fährt. Wenn ich überlege, wie viel ich an Krams dabei habe und wie viel ich an Gedanken und Geld in mein Fahrrad investieren habe, kann ich diese Gelassenheit nur bewundern.
Wie radeln ein Stück zusammen an der schönen Küste entlang und unterhalten uns auf Schulfranzösisch, nur um die Sprache zu üben (ich brauche es für Tunesien).
Meine abzweigende Straße nach Përmet kommt viel zu früh und ich entscheide, noch ein Stück weiter zu radeln. Eventuell nehme ich eine Parallelstraße nach Përmet. Im übernächsten Ort sucht sich Ramona eine Unterkunft und ich entscheide doch umzudrehen, da die Parallelstraße durch die Bergen von Borsh aus mir zu klein erscheint (schlechte Erfahrungen mit Komoot und kleinen Straßen in Albanien) und die Route über Sarande mir zu lang ist. Also wünschen wir uns eine gute Reise und ich springe am Strand noch einmal ins noch angenehm warme Wasser (habe ich bisher viel zu wenig gemacht). Doch das Wetter wird schon wieder ungemütlich. Es ist bereits windig und ein dunkler, fetter Wolkenturm hängt über dem Meer und schiebt sich ganz langsam und unaufhaltsam auf mich zu. Ich beeile mich, wieder alles zusammen zu packen und fahre zurück auf meine Route.
Mein Weg führt nun eine lange, breite, neue Straße den Berg hinauf. Das Wetter hält halbwegs. Benjamin hat gestern durch die Berge abgekürzt und ich komme an der Stelle vorbei, wo er wieder auf meine Strecke getroffen ist. Seine Straße ist geschottert und so steil, dass ich bergauf schieben müsste und bergab aufpassen müsste, dass ich mir nicht den Hals breche. Dass er dabei noch von Hunden im Regen verfolgt wurde, erfahre ich erst später.
Der nächste Streckenabschnitt ist in Goolge Maps eine sehr kleine Straße bzw. teilweise sogar gar nicht mehr als Straße verzeichnet und verläuft quer durch die Berge. Diese Verbindung habe ich zu Hause mehrmals durchdacht. Das Problem ist hier nämlich, dass ich nach Nordosten möchte und mehrere lange Bergketten genau senkrecht dazu verlaufen.
Nach dem Pass geht es auf und ab durch urwaldartige Landschaft weiter und ich bin gespannt, welche Abenteuer auf dieser Strecke noch auf mich warten und wann ich Benjamin wieder treffe. Darüber schreibe ich im nächsten Beitrag.
Mirupafshim!